18.08.2020

Kommunale Verschuldung 2019 kaum gesunken

Deutliche Zweiteilung der Städte und Kreise

Im Jahr 2019 konnte das Land Rheinland-Pfalz seine Verschuldung um 660 Mio. Euro senken. Hingegen gingen die kommunalen Schulden nur um dürftige drei Mio. Euro zurück. Zwischen den Städten und Kreisen bestehen jedoch gewaltige Unterschiede.

Rechnerisch trug zum Ende des Jahres 2019 jeder Rheinland-Pfälzer eine öffentliche Schuldenlast von 10.500 Euro. Diese setzen sich zusammen aus 7.300 Euro je Einwohner an Landesschulden und 3.200 Euro je Einwohner an kommunalen Schulden. Dies teilte das Statische Landesamt mit. Im Jahr 2018 waren es noch 10.740 Euro pro Kopf, davon rund 3.300 Euro durch die Kommunen bedingt.

Das Land Rheinland-Pfalz hatte 2019 seinen Schuldenberg auf 29,8 Mrd. Euro abtragen können – zuvor waren es mit über 30 Mrd. Euro noch sehr viel mehr gewesen. Dass die symbolische Grenze von 30 Mrd. Euro auch 2020 unterschritten bleibt, ist aufgrund der Corona-Krise mehr als fraglich: Durch fehlende Einnahmen und gestiegene Ausgaben wird in einem ersten Nachtragshaushalt mit einer Nettokreditaufnahme von 640 Mio. Euro geplant. Demgegenüber dürften die Zahlen im zweiten Nachtragshaushalt, der derzeit erarbeitet wird, noch gravierender ausfallen.

Bereits vor der Corona-Krise standen die Kommunen längst nicht so gut da wie das Land. Bei ihnen zeigt sich eine Ambivalenz: Etwa der Hälfte der kreisfreien Städte und Landkreise gelang es 2019, Schulden abzubauen. Die andere Hälfte musste trotz damals guter Konjunktur neue Schulden aufnehmen. Alle Kommunen zusammen konnten ihre Schuldenlast unterm Strich binnen Jahresfrist nur um 3 Mio. Euro senken.

Kreisfreie Städte

Die kreisfreien Städte hatten zusammengenommen eine Verschuldung von rund 6 Mrd. Euro bzw. knapp 5.700 Euro je Einwohner. Gegenüber dem Jahr 2018 sank die Verschuldung nur um 0,2 Prozent. Zum Schuldenabbau auf dieser Ebene trugen 7 der 12 kreisfreien Städte bei. Die anderen fünf mussten hingegen zusätzliche Kredite aufnehmen. Spitzenreiter beim Abbau ihrer Verschuldung war 2019 die Stadt Speyer, die ihre Schulden um 10,6 Prozent verringerte. Mit knapp unter 2.900 Euro pro Einwohner steht Speyer nach Landau in der Pfalz (1.400 Euro/Einwohner) und Neustadt an der Weinstraße (1.850 Euro/Einwohner) für rheinland-pfälzische Verhältnisse sowieso gut da.

Anders ergeht es Koblenz: Die Schulden dieser Stadt wuchsen 2019 um 2,5 Prozent auf mehr als 3.500 Euro je Einwohner. Damit hat Koblenz den prozentual stärksten Schuldenanstieg aller kreisfreien Städte aufzuweisen. Negativer Spitzenreiter in der Pro-Kopf-Verschuldung bleibt Pirmasens. Die Stadt in der Pfalz trägt den fragwürdigen Titel der Schuldenhauptstadt sogar deutschlandweit: 9.800 Euro pro Einwohner – immerhin sanken die Schulden der Stadt im vergangenen Jahr um 0,2 Prozent.

Landkreise mit ihren Verbands- und Ortsgemeinden

Im sog. Landkreisbereich – dabei werden die Kreise mit ihren Verbands- und Ortsgemeinden betrachtet – sieht es ähnlich aus. Genau die Hälfte der 24 Landkreise mit ihren Gemeinden konnte Schulden abbauen, die andere Hälfte musste neue aufnehmen. Im Durchschnitt lasten auf jedem Einwohner des ländlichen Raums rund 2.100 Euro kommunale Schulden. Das sind 0,3 Prozent mehr als im Vorjahr.

Besonders hoch verschuldet erweist sich der Kreis Kusel mit seinen Kommunen. Mit über 6.350 Euro pro Einwohner ist die Verschuldung dort am höchsten. Im Jahr 2019 stiegen die Schulden um 1,2 Prozent. Prozentual hatte der Kreis Germersheim den höchsten Anstieg – nämlich 9,8 Prozent auf rund 2.200 Euro pro Kopf.

Im Landkreisbereich waren der Vulkaneifel-Kreis und seine Gemeinden am erfolgreichsten im Schuldenabbau: um 13,1 Prozent konnten die Verbindlichkeiten 2019 gesenkt werden. Aber noch immer trägt jeder Vulkaneifeler knapp 2.100 Euro Schulden. Die geringste Pro-Kopf-Verschuldung weist der Westerwaldkreis mit seinen Kommunen auf – lediglich 450 Euro; 2019 gingen die mit 7,5 Prozent zudem überdurchschnittlich stark nach unten.

Landkreise

Ähnlich, aber nicht ganz gleich ist das Bild, wenn nur die Landkreise ohne die kreisangehörigen Verbands- und Ortsgemeinden betrachtet werden. Für sich genommen haben die Landkreise eine Pro-Kopf-Verschuldung von rund 780 Euro, was ein halbes Prozent weniger sind als im Jahr zuvor. So konnten 13 der 24 Landkreise ihre Verschuldung senken, der Kreis Mainz-Bingen ist sowieso schon seit Jahren schuldenfrei, aber 10 Landkreise mussten neue Schulden aufnehmen.

Die höchste relative Verschuldung plagt den Kreis Kusel mit rund 2.700 Euro pro Einwohner. Mit 192 Mio. Euro an Schulden ist der Kreis Kusel auch nahe dran, die höchste absolute Verschuldung aller Landkreise aufzuweisen. Nur Bad Kreuznach mit 200 Mio. Euro, das sind rund 1.270 Euro pro Kopf, steht noch tiefer in der Kreide. Den größten Anstieg wies 2019 der Eifelkreis Bitburg-Prüm auf – ein plus von 14,7 Prozent auf 816 Euro pro Einwohner.

Mit einer Verschuldung von 60 Euro pro Kopf bzw. 12 Mio. Euro absolut hatte der Westerwaldkreis nach dem schuldenfreien Kreis Mainz-Bingen die besten Zahlen im Land. Zudem ist es dem Westerwaldkreis 2019 gelungen, mit 21 Prozent seine Schulden am stärksten zu senken.

BdSt-Fazit:

Während das Land Rheinland-Pfalz seine Schulden deutlich senken konnte, teilt sich das Lager der Kommunen in zwei Hälften auf: Der einen Hälfte gelang es, Schulden abzubauen, die andere musste neue Schulden aufnehmen. Da vor der Corona-Krise die Wirtschaft durchaus rund lief, sollte die Landespolitik es als Alarmzeichen auffassen, dass die Hälfte der kreisfreien Städte und Landkreise zusätzliche Kredite benötigte, um ihre Ausgaben zu finanzieren.

Die mitunter extrem hohe Verschuldung rheinland-pfälzischer Kommunen liegt nicht daran, dass deren Kommunalpolitiker besonders verschwendungssüchtig oder gar unfähig wären. Vielmehr liegt die Misere an der Unterfinanzierung durch das Land, aber auch an der kleinteiligen Kommunalstruktur. Kürzlich gab das Oberverwaltungsgericht in einem Urteil einem Landkreis recht, der die Finanzausstattung durch das Land als zu niedrig ansah. Im November dieses Jahres wird das nächste wegweisende Urteil zu Kommunalfinanzen erwartet: Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über eine Klage der Stadt Pirmasens und des Kreises Kaiserslautern, ob das Land sie nicht finanziell ausreichend ausstatte.

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