14.08.2020

Zweibrücken: Abwarten, Tee trinken und abkassieren

Jahrelange Untätigkeit der Stadt kommt Anlieger teuer zu stehen

Nach Jahren mangelhaften Straßenerhalts und versäumter Sanierung sollen in Zweibrücken mitunter die schlimmsten Fälle erneuert werden. Bezahlen dürfen das vor allem die Anlieger, denn die kreisfreie Stadt erhebt wiederkehrende Ausbaubeiträge. Das städtische Exempel zeigt klar auf, wie politische Versäumnisse und ungerechte Ausbaubeiträge für die Bürger teuer werden.

Vielerorts in Rheinland-Pfalz reiht sich auf holprigen Gemeindestraßen Schlagloch an Schlagloch, so auch in Zweibrücken. Dort ist der Grund dafür ein immenser Investitionsstau beim Straßenerhalt, was sogar Oberbürgermeister Marold Wosnitza in der Presse freimütig zugegeben hat. Rund drei Jahrzehnte – seit den 1990er Jahren – wurden nur wenige Straßen erneuert. Für diese Politik des Nichtstuns müssen die Anlieger aufkommen – denn in Zweibrücken werden wiederkehrende Straßenausbaubeiträge (WKB) erhoben.

Mit ihrem geplanten Straßenausbauprogramm 2021-2025 will die Stadt Zweibrücken den Sanierungsstau ein kleines Stück verringern. Eigentlich sollten sich die Bürger freuen, wenn Buckel- und Schlaglochpisten erneuert werden. Aber in Zweibrücken kann es sehr teuer für betroffene Anlieger werden.

Bekanntlich wird bei WKB das Stadtgebiet in Abrechnungseinheiten aufgeteilt. Jeder, der in einer Abrechnungseinheit Grundeigentümer ist, muss für jede beitragspflichtige Ausbaumaßnahme in seinem Gebiet zahlen – egal, ob diese vor der eigenen Haustür stattfindet oder ganz woanders. In der kleinsten kreisfreien Stadt Deutschlands bestehen zwölf Abrechnungseinheiten. In diesen liegt der städtische Anteil an den umlagefähigen Kosten zwischen 28 und 36 Prozent – umgekehrt müssen die Anlieger den größten Anteil tragen, obwohl sie kein Mitspracherecht haben.

Verglichen zu den einmaligen Beiträgen ist der Stadtanteil an den Kosten bei WKB regelmäßig sehr viel niedriger (siehe „Der Steuerzahler“ von Juni 2020). In Zweibrücken kommt hinzu, dass die Stadt ihre Aufgaben beim Straßenerhalt nicht hinreichend erledigt hat. Anders ist es nicht zu erklären, dass bei fast zwei Dritteln der städtischen Straßen die Nutzungsdauer längst überschritten sein soll.

Abhängig von der Verkehrsbelastung liegt die Nutzungsdauer einer Straße meistens zwischen 20 und 30 Jahren. Wenn die überschritten ist, dürfen selbst dann Straßenausbaubeiträge in voller Höhe erhoben werden, wenn die Unterhaltung der Straßen gar nicht oder bloß mangelhaft erfolgte. Dadurch saniert die Stadt ihren Haushalt auf Kosten der eigenen Bürger und der örtlichen Unternehmen: Sie spart sich die Unterhaltung, wartet einfach lange ab und kann deswegen sogar höhere Ausbaubeiträge fordern. Ist das gerecht?

Besonders drastisch könnte es für die Anwohner des Zweibrücker Vororts Mörsbach kommen. Deren WKB soll durch das geplante Ausbauprogramm bei 2,28 Euro pro Quadratmeter gewichteter Grundstücksfläche liegen, wie der „Pfälzische Merkur“ berichtete. Gewichtet wird mit der Anzahl der Vollgeschosse – gemäß der Zweibrücker Ausbaubeitrags-Satzung wird für die ersten beiden Geschosse pauschal der Faktor 1,3 angesetzt. Wer als „Muster-Anlieger“ ein eingeschossiges Haus auf einem 500 m² großen Grundstück hat, dessen beitragspflichtige Fläche wird auf 650 m² hochgesetzt – und der jährliche WKB auf genau 1.482 Euro. Nach fünf Jahren hätte der Muster-Anlieger dann sage und schreibe rund 7.500 Euro bezahlt.

BdSt-Fazit:

Keinesfalls sind WKB gerecht, wie es die Ampel-Fraktionen seit der Reform im März dieses Jahres gebetsmühlenartig behaupten. Aufgrund der hohen Summen, die vor allem im ländlichen Raum wie auch kleinteilig bebauten städtischen Vororten fällig werden, belasten WKB die Anlieger stark. Regelmäßig sind sie schon nach wenigen Jahren deutlich teurer als Einmalbeiträge. WKB sind also keine Lösung für die vielfältigen Probleme des Straßenausbaubeitrags.

Tatsächlich gibt es nur eine angemessene Lösung: Die vollständige Abschaffung der ungerechten Ausbaubeiträge. Dafür setzt sich der Steuerzahlerbund weiter ein. Sicherlich wird die kommende Landtagswahl am 14. März 2021 auch das Schicksal der Ausbaubeiträge mitbestimmen – sind doch CDU, AfD und Linkspartei entschiedene Beitrags-Gegner. Zweibrücken wiederum sollte das Wahlergebnis abwarten. Wer jahrzehntelang bei den Straßen schludert, kann sich bestimmt noch ein paar Monate gedulden. Wenn die wiederkehrenden Beiträge abgeschafft werden sollten, kann Zweibrücken dank Landesgeld seine Straßenbaumaßnahmen vornehmen, ohne deftige Beitragsbescheide verschicken zu müssen.

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