08.06.2022

Wohnnebenkosten in Mainz steigen

Trotz hohem Überschuss keine Entlastung für Bürger

In Mainz sind die von der Kommune verursachten Wohnkosten für das Jahr 2022 so stark gestiegen wie in keiner anderen Landeshauptstadt. Dies ergab eine Untersuchung des Steuerzahlerbundes über die Wohnnebenkosten. Obwohl Mainz im Jahr 2021 einen Überschuss von rund 1,1 Mrd. Euro erzielte, profitierten ihre Bürger – zum Beispiel durch eine Senkung der Grundsteuer B – finanziell nicht von dem städtischen Geldsegen.

Wohnen wird in der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz nicht nur wegen gestiegener Energiepreise teurer. Auch die Stadt selbst treibt die Wohnkosten in die Höhe. Eine BdSt-Untersuchung in allen Landeshauptstädten hat ergeben, dass die Wohnnebenkosten für einen Musterhaushalt in Mainz am stärkten gestiegen sind. Gegenüber dem Vorjahr müssen Mainzer Bürger 54,56 Euro bzw. 3,8 Prozent mehr für kommunalbedingte Nebenkosten bezahlen. Es ist der zweite Anstieg in Folge. In diesem Jahr steigen die Mainzer Wohnnebenkosten aufgrund höherer Schmutzwasser- und Niederschlagswassergebühren.

Betrachtet wurden in der Untersuchung die Kosten für Wasser, Abwasser, Regenwasser, Abfallentsorgung, Rundfunkbeitrag und die Grundsteuer. Für all diese Wohnnebenkosten zahlt der Musterhaushalt in Mainz 1.492 Euro. Damit ist Mainz ganz knapp vor Schwerin (1.496,27 Euro) die günstigste Landeshauptstadt. Am höchsten sind die Wohnnebenkosten im Westteil Berlins (2.291,49 Euro), im Durchschnitt liegen sie bei 1.840,79 Euro.

Der Musterhaushalt

Für den Wohnnebenkosten-Vergleich wird ein Musterhaushalt angenommen, der für jede der beobachteten Städte gilt. Der Musterhaushalt und dessen Verbräuche sind wie folgt:

  • 3 Personen
  • Wohnhaft in einem Einfamilienhaus mit 120 m² Wohnfläche auf einem 300 m² großen Grundstück in städtischer Randlage
  • Wasserverbrauch: 132 m³ (statistischer Durchschnitt für 3-Personen-Haushalt)
  • Niederschlagswassergebühr: 130 m² vollversiegelte Fläche
  • Abfallgebühren: Bio- und Restmülltonne, 60 Liter bei wöchentlicher bzw. 120 Liter bei zweiwöchentlicher Leerung (preisgünstigstes Angebot)

Betrachtet werden solche Kosten der Haushaltsführung, die maßgeblich durch die Kommune bestimmt sind und bei denen der Haushalt keine Möglichkeit hat, Leistung und/oder Anbieter zu wählen. Aus diesem Grund sind bspw. keine Strom- oder Heizenergiepreise enthalten. Energie ist zwar hochbesteuert (siehe dazu S. 13 f. des Wohnnebenkosten-Vergleichs 2022), aber Verbraucher können den Anbieter selbst wählen und somit in gewissem Rahmen die Kosten beeinflussen.

Gebühren im Einzelnen

Die Trinkwassergebühren für den Musterhaushalt liegen in diesem Jahr in Mainz bei 360,15 Euro. Damit ist Mainz etwas günstiger als der Durchschnitt der Landeshauptstädte (375,71 Euro). Am niedrigsten sind die Trinkwassergebühren in Berlin (262,68 Euro), am höchsten in Saarbrücken (510,32 Euro).

Die Schmutzwassergebühren betragen in Mainz 213,84 Euro. Gegenüber dem Vorjahr stiegen sie um 29,04 Euro bzw. rund 16 Prozent! Im Durchschnitt sind sie um knapp 100 Euro höher (313,02 Euro). Die Abwasserbeseitigung ist in Düsseldorf am günstigsten (200,64 Euro), in Potsdam mit 607,44 Euro kostet Abwasser dreimal so viel. Damit liegt die Hauptstadt Brandenburgs an der Spitze.

Niederschlagswassergebühren werden in 15 der 16 Landeshauptstädte erhoben. Nur in Bremen sind sie in der Abwassergebühr (335,23 Euro) enthalten. Der Mainzer Musterhaushalt zahlt 97,50 Euro dafür, dass Regenwasser in die Kanalisation geleitet wird. Das sind 19,50 Euro bzw. 25 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Durchschnitt der untersuchten Städte lagen die Regenwassergebühren bei 122,34 Euro. Abgesehen von Bremen waren sie in Kiel mit 78,40 Euro am niedrigsten. Berlin ist mit 235,17 Euro die teuerste Stadt.

Bei den Abfallgebühren liegt Mainz mit 196,32 Euro unter den drei günstigsten Landeshauptstädten. Weniger Geld verlangen nur Schwerin (135,67 Euro) und Saarbrücken (194,76 Euro). Der Durchschnitt liegt bei 242,05 Euro. Die höchsten Müllgebühren verlangt Hannover mit 389,88 Euro.

Für alle Haushalte liegt der Rundfunkbeitrag einheitlich bei 220,32 Euro im Jahr, das sind mehr als 10 Euro bzw. rund 5 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Der Rundfunkbeitrag wurde 2021 um 0,86 Euro auf 18,36 Euro im Monat erhöht.

Die Grundsteuer B liegt 2022 für den Mainzer Musterhaushalt bei 403,87 Euro. Im Durchschnitt werden 568,71 Euro erhoben. Am niedrigsten ist die Grundsteuer in Magdeburg (296,11 Euro), am höchsten in Hamburg (1.050,46 Euro).

Aufgrund ihrer hohen Gewerbesteuereinnahmen 2021 – auch 2022 werden außergewöhnlich hohe Gewerbesteuern erwartet – erzielte Mainz einen Haushaltsüberschuss von rund 1,1 Mrd. Euro. Für dieses Jahr ist ein Überschuss von rund 460 Mio. Euro geplant. Einen Großteil des Überschusses aus 2021 will Mainz in die Schuldentilgung stecken. Dies befürwortet der BdSt ausdrücklich. Mainz hat die Gewerbesteuer bereits drastisch um 130 Punkte auf 310 Prozent gesenkt. Davon profitieren ausschließlich Unternehmen. Hätte Mainz auch die Grundsteuer B gesenkt, hätten auch alle Haushalte am städtischen Geldsegen teilgehabt.

Wohnnebenkosten in 15 der 16 Landeshauptstädte gestiegen

Für fast alle Musterhaushalte in den 16 Landeshauptstädten steigen die Wohnnebenkosten im Jahr 2022. Nur in Erfurt sinken sie um 17,52 Euro auf 1.547 Euro. Nach Mainz mit 54,56 Euro steigen sie in München (52,82 Euro) und Hannover (51,98 Euro) am stärksten. Im Durschnitt beträgt die Steigerung 27,34 Euro.

Durch die Grundsteuerreform, die im Jahr 2025 zahlungswirksam wird, drohen mittelfristig in allen Landeshauptstädten – wie auch in den übrigen Städten und Gemeinden – höhere Wohnnebenkosten. Zwar versprachen Bundes- und Landespolitiker eine „aufkommensneutrale Reform“, allerdings legen die Kommunen den Hebesatz fest. Wenn die Gesamtheit aller Haushalte und Betriebe tatsächlich nicht mehr Grundsteuer zahlen soll als vor der Reform, müssten die Hebesätze sinken – mitunter deutlich. Zumindest in Rheinland-Pfalz ist bislang keine dahingehende Aktivität zu beobachten. Im Gegenteil: Der jährliche BdSt-Realsteuervergleich deutet darauf hin, dass die Kommunen ihre Grundsteuer-Hebesätze erhöhen.

BdSt-Fazit:

„Wohnen muss günstiger werden“, betonen Politiker jeder Couleur. Am einfachsten kann die Politik bei staatlich bzw. kommunal bedingten Wohnkosten ansetzen. Neben der in Deutschland hochbesteuerten Energie (Strom, Heizöl, Gas) sind es die kommunalen Wohnnebenkosten, die für viele Haushalte eine 13. oder gar 14. Miete darstellen. Vor allem die Grundsteuer belastet selbstnutzende Eigentümer wie Mieter sehr. Sie zu senken, wäre ein Schritt zu bezahlbarem Wohnen.

Der Wohnnebenkostenvergleich zeigt die vielen Stellschrauben auf, mit denen der Staat die Wohnkosten beeinflusst. Wenn Politiker und Parteien bezahlbares Wohnen fordern, müssen sie sich auch fragen, wie der Staat dazu beitragen kann.

Hinweis: Den gesamten Wohnnebenkosten-Vergleich 2022 können Sie sich HIER herunterladen.

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