26.05.2021

Der Staat als Wohnkosten-Treiber

Mainz im BdSt-Vergleich am günstigsten

Abermals sind die Wohnnebenkosten in Mainz am günstigsten – das ergab ein BdSt-Vergleich aller 16 Landeshauptstädte. Allerdings ist es gegenüber dem Vorjahr teurer geworden. Bezüglich der anstehenden Grundsteuer-Reform erneuert der Steuerzahlerbund sein Plädoyer für ein einfaches Flächenmodell.

Wohnen wird immer teurer. Dies liegt nicht nur an der Miete oder steigenden Immobilienpreisen, sondern auch an den Nebenkosten. Deren Preise und Gebühren werden oft von den Kommunen oder vom Staat festgelegt oder durch Steuern maßgeblich bestimmt. In einem Vergleich aller 16 Landeshauptstädte hat der Steuerzahlerbund die wichtigsten Wohnnebenkosten miteinander verglichen. Darunter fallen die Gebühren für Wasser- und Abwasser sowie Niederschlagswasser. Außerdem die Abfallgebühren und der Rundfunkbeitrag sowie die Grundsteuer B. Betrachtet wird ein Musterhaushalt aus drei Personen, der ein Einfamilienhaus am Stadtrand bewohnt.

Summa summarum ist die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt Mainz am günstigsten, aber 9,31 Euro teurer als im Vorjahr. Genau 1.433,14 Euro zahlt ein dreiköpfiger Musterhaushalt in Mainz – direkt gegenüber in Wiesbaden, der Hauptstadt Hessens, liegen die Wohnnebenkosten rund 420 Euro höher, nämlich bei 1.853,96 Euro. Am teuersten lebt es sich in Berlin (West) mit 2.286,87 Euro. Aufgrund der Unterschiede bei der Grundsteuer ist der Abstand zu Berlin (Ost) mit 1.606,84 Euro deutlich.

Wasser- und Abwasserpreise

Laut dem Statistischen Bundesamt verbraucht ein Drei-Personen-Haushalt durchschnittlich 132 m³ Wasser im Jahr. Hinzu kommen die Grundkosten bzw. Gebühren für den Wasserzähler. Mit 360,15 Euro liegen die Mainzer Wasserpreise im Mittelfeld und leicht unter dem Durchschnitt (369,57 Euro) der betrachteten Städte. Allerdings erhöhte sich der Wasserpreis gegenüber dem Jahr 2020 um 9,31 Euro. Am wenigsten fürs Wasser zahlen Berliner Haushalte mit nur 262,68 Euro, am meisten müssen die Bürger in Saarbrücken berappen – mit 510,32 Euro fast das Doppelte wie in der Bundeshauptstadt.

Bei den Schmutzwassergebühren, also den Kosten für das Abwasser, wurden ebenfalls 132 m³ angesetzt. Hier erweist sich Mainz am günstigsten. Nur 184,80 Euro betragen die Kosten für den Musterhaushalt. Im Durchschnitt sind es 308,27 Euro. In Potsdam liegen die Abwassergebühren mit 607,44 Euro mit weitem Abstand am höchsten. Es folgt Saarbrücken mit 455,40 Euro.

Niederschlagswassergebühren

Ab und an regnet es in Deutschland. Da Regenwasser in die Kanalisation abgeführt werden könnte, werden vielerorts Niederschlagswassergebühren erhoben. Bemessungsgrundlage ist die versiegelte Fläche, z. B. durch das Haus, durch Garagen, Einfahrten und Terrassen. Auf dem Grundstück der Musterfamilie sind 130 m² Fläche versiegelt. In Mainz betragen die Kosten dafür exakt 78 Euro. Nur in Bremen sind die Kosten niedriger, weil sie für kleine Grundstücke bereits in der Abwassergebühr enthalten sind, die in Bremen bei 335,28 Euro liegt. Der Umstand, dass es regnet, ist in der Bundeshauptstadt mit 233,61 Euro am teuersten.

Abfallgebühren

Die Abfallgebühren betrachten entweder eine wöchentliche Leerung einer 60-Liter-Tonne oder eine zweiwöchentliche Leerung einer 120-Liter-Tonne für Rest- und Biomüll. Was genau betrachtet wird, hängt davon ab, welche Leerung günstiger ist. In Mainz beträgt die Grundgebühr einer Leerung der Restmülltonne im 14-Tage-Rhythmus sowie einer wöchentlichen Leerung der Biotonne exakt 196,32 Euro. Es handelt sich dabei um einen sogenannten Vollservice, bei dem die Mülltonen durch Mitarbeiter des Entsorgungsbetriebs von ihrem Standplatz an die Straße und wieder zurückgestellt werden. Im Preis inbegriffen ist die Leerung einer 240-l-Papiertonne alle zwei Wochen. Zudem wird der Sperrmüll bis zu viermal im Jahr kostenfrei abgeholt und auch die Wertstoff- und Recyclinghöfe können durch Mainzer Bürger grundsätzlich kostenlos genutzt werden.

Andernorts ist die Leistung unterschiedlich. Nur auf den Preis bezogen ist Schwerin mit 135,67 Euro am günstigsten und Hannover mit 389,88 Euro am teuersten. Der Durchschnitt der Landeshauptstädte liegt bei 241,22 Euro. Wie in Mainz so ist auch in Schwerin die Leerung der Papiertonne im Preis inbegriffen und zahlreiche Abfälle können in den Recyclinghöfen kostenlos abgegeben werden. Der Sperrmüll wird einmal im Jahr kostenlos abgeholt. Jedoch müssen die Haushalte ihre Mülltonnen selbst an den Straßenrand zur Abholung stellen. Anders in Hannover, die wie Mainz einen Vollservice bieten. Auch in der niedersächsischen Landeshauptstadt können die Wertstoffhöfe kostenlos genutzt werden und sperrige Abfälle werden ohne zusätzliche Gebühr abgeholt.

Rundfunkbeitrag

Den Rundfunkbeitrag zahlen grundsätzlich alle Haushalte. Ausnahmen in Form von Befreiung oder Ermäßigung bestehen zum Beispiel für Hartz-IV-Empfänger oder behinderte Menschen. Aktuell beträgt der Rundfunkbeitrag 210 Euro im Jahr und ist bundesweit einheitlich. Beiträge setzen keine tatsächliche Nutzung voraus; zur Beitragspflicht reicht es aus, dass allein die Möglichkeit einer Nutzung besteht.

Grundsteuer B

Praktisch jeder Haushalt ist von der Grundsteuer B betroffen: Selbstnutzende Eigentümer zahlen die Grundsteuer direkt an die Kommune, Mieter über die Nebenkostenabrechnung. Berechnet wurde die Grundsteuer B über den Einheitswert eines 2016 gebauten freistehenden Einfamilienhauses mit 120 m² Wohnfläche (5 ZKB) auf einem 300 m² großen Grundstück am Stadtrand. Das Haus ist gut ausgestattet, wird mit Erdgas beheizt und verfügt über eine Doppelgarage.

Für eine solche Immobilie beträgt die Grundsteuer B in Mainz 403,87 Euro und liegt damit unter dem Durchschnitt der betrachteten Städte, der bei 568,04 Euro liegt. Am niedrigsten ist die Grundsteuer in Magdeburg mit 296,11 Euro. Sämtliche Hauptstädte der neuen Bundesländer sind günstiger als die der alten Bundesländer. Unter letzteren ist Mainz am günstigsten. Am höchsten ist die Grundsteuer in Hamburg. In der Hansestadt ist sie mit 1.050,46 Euro um gut 10 Euro höher als im Westteil Berlins.

Spätestens ab dem Jahr 2025 muss die Grundsteuer reformiert werden. Die rheinland-pfälzische Landesregierung hat sich auf das Bundesmodell festgelegt, nach dem Bundesfinanzminister wird es auch Scholz-Modell genannt. Es ist kompliziert zu berechnen und enthält bei steigenden Mieten einen Steuererhöhungs-Automatismus. Vor allem deshalb plädiert der Steuerzahlerbund für wertunabhängige Einfachmodelle wie das Flächenmodell, das in Bayern umgesetzt wird. Auch die davon leicht abgewandelten Flächen-Lage-Modelle von Hamburg und Niedersachsen sind aus Steuerzahlersicht deutlich vorteilhafter als das Bundesmodell.

Energiekosten

Der Strompreis ist stark vom Staat beeinflusst. Mehr als die Hälfte der Stromkosten sind durch staatliche Abgaben begründet. Zum einen über Umlagen wie die EEG-Umlage, zum anderen über die Stromsteuer und die Mehrwertsteuer. Bei einem Stromverbrauch von 3.700 kWh/Jahr – für einen Drei-Personen-Haushalt üblich – fallen bei einem Verbraucherpreis von 0,3189 Euro/kWh Gesamtkosten von 1.179,93 Euro an. Davon sind 606,43 Euro staatliche Abgaben. Wie der Fiskus am privaten Stromverbrauch verdient, hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut wissenschaftlich untersucht.

Auch Erdgas wird staatlicherseits hoch belastet. Etwa ein Drittel der Gesamtkosten verschuldet der Staat über Energie- und Mehrwertsteuer sowie dem CO2-Zertifikatepreis. Bei einem Verbrauch von 15.000 kWh/Jahr, von denen die kWh 0,0611 Euro kostet, zahlt der Musterhaushalt 916,50 Euro. Davon sind 301,50 Euro staatliche Abgaben.

BdSt-Fazit:

Längst sind die Wohnnebenkosten zu einer 13. und mitunter 14. Monatsmiete geworden. Da Staat und Kommunen bei diesen einen besonders starken Einfluss auf den Preis haben bzw. als Steuer oder Abgabe vollständig selbst festlegen, ergibt sich ein politischer Ansatzpunkt, Wohnen günstiger zu machen. Vor allem die Grundsteuer B und die Energiekosten sind Paradebeispiele dafür. Sie sind auch Beispiele dafür, wie viel die Sonntagsreden zu „Wohnen muss bezahlbar bleiben“ tatsächlich wert sind.

In Rheinland-Pfalz wird das für die Steuerzahler wohl teuerste Grundsteuer-Modell eingeführt, das sich die Politiker bislang ausgedacht haben. Weiterhin plädiert der Steuerzahlerbund für ein einfaches Flächenmodell, das lediglich auf der Grundstücksgröße und Wohnfläche basiert. Für die Bürger ist dieses Modell einfach nachzuvollziehen und die Grundsteuer erhöht sich nur dann, wenn der Stadt- oder Gemeinderat darüber demokratisch entschieden hat. Beim Bundesmodell reichen dazu schon allgemeine Mietsteigerungen vor Ort aus, da ein wertabhängiges Modell regelmäßig aktualisiert werden muss. Für die Verwaltung wäre ein einfaches Flächenmodell leicht umsetzbar und wäre – einmal erhoben – dauerhaft gültig, was hohe Millionenbeträge und einen großen Personalbedarf ersparen würde.

Bei den Energiekosten langt vor allem der Bund durch Steuern und Abgaben kräftig zu. Jüngst wurde die CO2-Abgabe eingeführt. Zunächst liegt diese bei 25 Euro pro Tonne CO2 – somit wurden zu Jahresbeginn nicht nur die Kraftstoffe an der Tankstelle deutlich teurer, sondern auch Heizöl und Erdgas. Ebenso verteuern sie Strom, wenn dieser aus Kohle, Gas oder Öl erzeugt wird. Es ist nicht absehbar, dass Deutschland seine Spitzenstellung als Land mit den höchsten Strompreisen für Endkunden in nächster Zeit verliert, denn der CO2-Preis soll Jahr für Jahr steigen. In Anbetracht der explodierten Energiepreise wurde sogar ein neuer Begriff gefunden: Energiearmut. Für die Politik ist das leider noch kein Warnsignal.

Hinweis: Den gesamten Wohnnebenkosten-Vergleich 2021 können Sie sich HIER als pdf-Datei herunterladen (ca. 1,4 MB groß).

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