07.10.2020

Kommunen rutschen in rote Zahlen

Mehr Liquiditätskredite in Corona-Krise

Sinkende Einnahmen bei steigenden Ausgaben machten den rheinland-pfälzischen Kommunen im ersten Halbjahr 2020 stark zu schaffen. Mehr Kommunen hatten höhere Defizite zu verzeichnen als im Vorjahreszeitraum. In der Folge stiegen die Schulden vor allem in Form der Liquiditätskredite, während die Kredite für Investitionen sanken.

Für Städte, Landkreise und Gemeinden macht sich die Corona-Krise natürlich auch bei den Finanzen bemerkbar. Dies geht aus Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor. So fielen die Steuereinnahmen im ersten Halbjahr 2020 um 170 Mio. Euro bzw. um 7 Prozent verglichen zum Vorjahreszeitraum. Sie betragen damit nur noch rund 2,27 Mrd. Euro, besonders deutlich sank die Gewerbesteuer. Während das Steuer-Aufkommen geringer wird, waren steigende Ausgaben zu bewältigen. Vor allem der laufende Sachaufwand und die Personalausgaben erhöhten sich deutlich. So stieg der Sachaufwand um 102 Mio. Euro bzw. 8,7 Prozent auf über 1,2 Mrd. Euro. Die Personalausgaben wuchsen um 83 Mio. Euro bzw. 5,5 Prozent auf rund 1,6 Mrd. Euro. Für Sozialleistungen verausgabten die Kommunen ebenfalls rund 1,6 Mrd. Euro, das sind 50 Mio. Euro mehr bzw. ein Plus von 3,2 Prozent.

Sinkende Einnahmen bei steigenden Ausgaben stellt eine schlechte Kombination dar, zumal schon in den Vorjahren rund zwei Drittel der Kommunen im Land einen negativen Finanzierungssaldo aufgewiesen hatten. Der Finanzierungssaldo ist die Differenz zwischen den Einnahmen und den Ausgaben. Im ersten Halbjahr 2020 betrug der Saldo aller Kommunen in Rheinland-Pfalz -615 Mio. Euro. Damit fällt das Defizit um 225 Mio. Euro schlechter aus als im Vorjahreszeitraum. Doch es gibt deutliche Unterschiede, so erzielten die Landkreise sogar einen Überschuss, während neun kreisfreie Städte zusammen ein Drittel des kommunalen Gesamt-Defizits zu tragen hatten.

Große Städte und Ortsgemeinden mit hohem Defizit

Von den zwölf kreisfreien Städten verzeichneten im ersten Halbjahr 2020 nur drei einen positiven Saldo – und der betrug nur 4 Mio. Euro; im Vorjahreszeitraum betrug der Überschuss noch 14,4 Mio. Euro. Die neun übrigen kreisfreien Städte hatten ein negatives Saldo von 310 Mio. Euro, in demselben Zeitraum im Jahr zuvor betrug das Defizit 260 Mio. Euro.

Auch von den 29 verbandsfreien kreisangehörigen Gemeinden erzielte eine Minderheit von nur vier Gemeinden einen Überschuss, der mit 8,2 Mio. Euro deutlich unter dem Vorjahreswert von 49,3 Mio. Euro lag – allerdings hatten damals immerhin acht Städte und Gemeinden einen positiven Saldo. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass der negative Saldo in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mit 166 Mio. Euro deutlich schlechter ausfällt als im Vorjahreszeitraum (-89,2 Mio. Euro).

Unter den 2.261 Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz konnte nur ein knappes Drittel, nämlich 714 Gemeinden, in den ersten sechs Monaten von 2020 einen positiven Saldo verzeichnen. Dieser lag mit rund 94 Mio. Euro niedriger als im Vorjahreszeitraum, damals waren es 113 Mio. Euro. Hingegen hatte der überwiegende Teil der Ortsgemeinden, nämlich genau 1.547 Dörfer und Städtchen, ein negatives Saldo von zusammen 315,5 Mio. Euro. Im Vorjahr waren es noch 270 Mio. Euro.

Verbandsgemeinden und Landkreise vergleichsweise gut

Immerhin hatte unter den Verbandsgemeinden fast die Hälfte einen positiven Saldo zu verzeichnen: 62 Verbandsgemeinden hatten einen Überschuss, 67 hatten ein Defizit. Der Überschuss lag bei 66,6 Mio. Euro in etwa auf Vorjahresniveau (69,6 Mio. Euro), allerdings fiel das Defizit mit 76,4 Mio. Euro deutlich schlechter aus als im Jahr zuvor (-49 Mio. Euro). Alle Verbandsgemeinden zusammen erzielen ein Minus von 10 Mio. Euro – im Vorjahr war das VG-Gesamtsaldo mit 20,6 Mio. Euro noch positiv gewesen.

Einzig die Landkreise konnten zusammen ein positives Finanzierungssaldo aufweisen, das mit 87 Mio. Euro sogar höher lag als im Vorjahreszeitraum (32,8 Mio. Euro). Von den 24 Kreisen hatten 15 einen positiven Saldo, der bei 139,2 Mio. Euro lag – im ersten Halbjahr 2019 betrug dieser Wert nur 86,2 Mio. Euro. Die neun Landkreise mit einem defizitären Saldo, im Vorjahr waren im ersten Halbjahr noch zwölf Kreise defizitär, hatten zusammen um 52,4 Mio. Euro höhere Ausgaben als Einnahmen, was etwa dem Vorjahreswert entspricht.

Kommunaler Gesamtschuldenstand steigt

Die insgesamt verschlechterte Kassenlage der Kreise, Städte und Gemeinden macht sich auch bei der Verschuldung bemerkbar. Im ersten Halbjahr 2020 stiegen die kommunalen Schulden um 283 Mio. Euro auf rund 12,4 Mrd. Euro. Dabei sanken die Investitionskredite um 65 Mio. Euro bzw. 1,1 Prozent auf rund 6 Mrd. Euro.

Stark wuchsen hingegen die Liquiditätskredite, was besonders besorgniserregend ist. Die Liquiditätskredite stiegen um 5,8 Prozent bzw. 348 Mio. Euro auf 6,35 Mrd. Euro! Liquiditätskredite sind für Kommunen das, was für Privatpersonen der Dispokredit ist – er dient zur kurzfristigen Überbrückung von Liquiditäts-Engpässen. Zur langfristigen Finanzierung ist er nicht gedacht. Eine hohe Verschuldung mit Liquiditätskrediten gilt als Indikator für eine chronische Unterfinanzierung der Kommunen durch das Land.

BdSt-Fazit:

Seit Jahren erhalten die Kommunen zu wenig Geld vom Land Rheinland-Pfalz, um ihre vielfältigen Aufgaben bezahlen zu können. So wachsen auch in der Corona-Krise die kommunalen Schulden weiter an. Sinkende Investitionskredite bei steigenden Liquiditätskrediten sind dabei ein schlechtes Zeichen. Es wird mehr Geld in konsumtive Ausgaben gesteckt, während bei Zukunftsinvestitionen gespart wird. Strukturelle Verbesserungen tun not, um die Kommunen aus ihrer Finanzmisere zu befreien.

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Unser Wirtschaftsmagazin „Der Steuerzahler“ informiert regelmäßig über aktuelle Themen, Steuertipps und Steuerurteile. Sparen Sie auch bares Geld mit unseren Ratgebern und Broschüren zu Steuerthemen sowie mit Rabatten aus dem BdSt-Sparerpaket. Informieren Sie sich HIER über die vielfältigen Vorteile einer Mitgliedschaft und treten Sie noch heute einer starken Gemeinschaft von Steuerzahlern bei.