29.04.2020

Kommunale Haushalte 2019 schwächer als im Vorjahr

Finanzierungssaldo noch immer sehr oft negativ / Landeshilfe notwendig

Über Rekordeinnahmen an Steuern freuten sich die rheinland-pfälzischen Kommunen im Jahr 2019. Dennoch fiel der Finanzierungsüberschuss niedriger aus als 2018. Nur eine knappe Mehrheit der Landkreise, Städte und Gemeinden schaffte es, ihre Haushalte auszugleichen. Die strukturellen Finanzprobleme können nur mithilfe des Landes gelöst werden.

Zum zehnten Mal in Folge stiegen die Steuereinnahmen der rheinland-pfälzischen Kommunen. Mit 4,91 Mrd. Euro wurde die symbolische Marke von 5 Mrd. Euro nur knapp verfehlt. Dennoch sank der Finanzierungsüberschuss, d. h. Einzahlungen minus Auszahlungen. Im Jahr 2019 lag der Finanzierungsüberschuss bei 263 Mio. Euro, teilte nun das Statistische Landesamt mit. Damit sank der Saldo aller Kreise, Städte und Gemeinden im Land gegenüber dem Vorjahr um rund 70 Mio. Euro bzw. 1,5 Prozent.

Die höchste Einzelsteuer war 2019 der Gemeindeanteil ander Einkommensteuer mit rund 1,94 Mrd. Euro (plus 152 Mio. Euro bzw. 7 % ggü. 2018). Dicht gefolgt von der Gewerbesteuer (abzgl. Umlage an das Land) mit 1,93 Mrd. Euro, die damit um 77 Mio. Euro bzw. 3,7 % zurückging. Im Vorjahr war noch die Gewerbesteuer die wichtigste kommunale Einnahmequelle. An dritter Stelle folgt mit deutlichem Abstand die Grundsteuer B, deren Aufkommen bei 573 Mio. Euro lag, was einem Plus von drei Mio. Euro bzw. 0,5 % entspricht. Anders als die Gewerbesteuer ist die Grundsteuer nicht konjunkturabhängig.

Große Unterschiede innerhalb der Kommunen

Längst nicht alle Kommunen konnten einen Überschuss erzielen. Zwischen den Gebietskörperschaftsgruppen bestehen große Unterschiede, ebenso zwischen den Kommunen innerhalb einer Gruppe. So hatten 2019 von den zwölf kreisfreien Städten nur sechs ein positives Finanzierungssaldo, die andere Hälfte musste sich weiter verschulden. Von den 2.262 Ortsgemeinden in Rheinland-Pfalz konnten genau 1.369 bzw. 61 % einen positiven Saldo verbuchen; hingegen machten knapp 900 Ortschaften Miese. Unter den Landkreisen hatten 13 einen Überschuss, 11 ein Defizit eingefahren.

Unterm Strich machten knapp 1.500 Gebietskörperschaften ein Plus von zusammen rund 710 Mio. Euro. In 977 Gemeinden, Städten und Kreisen lagen die Auszahlungen um rund 450 Mio. Euro höher als die Einzahlungen – in diesen Kommunen mussten neue Schulden aufgenommen oder auf Rücklagen zurückgegriffen werden.

Landkreise

Betrachtet man die Haushalte der Landkreise, also ohne die zugehörigen Städte, Verbands- und Ortsgemeinden, erzielten elf Kreise einen negativen Saldo von zusammen knapp 40 Mio. Euro. Hingegen konnten 13 Kreise ein positives Ergebnis von zusammen rund 193 Mio. Euro verbuchen. Alleine der finanzkräftige Landkreis Mainz-Bingen steuerte ein Plus von fast 76 Mio. Euro zur Statistik bei. Mit 359 Euro pro Kopf liegt der Kreis Mainz-Bingen auch einwohnerbezogenen mit weitem Abstand an der Spitze. Erst mit 128 Euro je Einwohner folgt der Landkreis Germersheim (absolut: 16,5 Mio. Euro). Am schlechtesten schnitten die strukturschwachen Landkreise Südwestpfalz mit einem Minus von 83 Euro je Einwohner bzw. 7,9 Mio. Euro sowie der Eifelkreis Bitburg-Prüm, die auf -81 Euro je Einwohner bzw. acht Mio. Euro Minus kamen. Im Vergleich zum Vorjahr verschlechterten beide ihr Ergebnis deutlich.

Kreisfreie Städte

Bei den kreisfreien Städten zeigte sich 2019 eine genaue Zweiteilung. Sechs kreisfreie Städte hatten ein Plus von insgesamt 90,6 Mio. Euro verbucht, die anderen sechs ein Minus von 45,2 Mio. Euro. Das absolut höchste Ergebnis erzielte die Stadt Kaiserslautern mit mehr als 39 Mio. Euro bzw. 394 Euro je Einwohner. Speyer liegt absolut auf dem zweiten Platz mit 29,5 Mio. Euro, doch nach Einwohnern vor Kaiserslautern auf dem ersten Rang mit 584 Euro pro Kopf. Die Landeshauptstadt Mainz, die 2018 noch im satten Plus lag, hatte einen negativen Saldo von knapp 22 Mio. Euro zu verkraften bzw. von genau 100 Euro je Einwohner. Einwohnerbezogen stand das sowieso schon hochverschuldete Pirmasens am schlechtesten da – das Minus betrug 179 Euro pro Kopf bzw. absolut 7,2 Mio. Euro.

BdSt-Fazit

Im Jahr 2019 lief der deutsche Konjunkturmotor noch mit hohen Drehzahlen. Dies zeigen die Steuereinnahmen, die für die rheinland-pfälzischen Kommunen auf Rekordhöhe lagen. Dennoch konnten nur 60 Prozent der Kommunen ein positives Finanzierungssaldo einfahren. Die übrigen 40 Prozent – fast 1.000 Gemeinden, Städte und Kreise – mussten trotz der wirtschaftlich guten Lage mit einem Minus abschließen.

Die Welt des Jahres 2020 dürfte aufgrund der Corona-Krise ganz anders aussehen. In schlechten Zeiten rächt sich, was in guten Zeiten versäumt wurde. Dennoch darf das Land, das zuständig für die Finanzausstattung seiner Kommunen ist, nun nicht in überkommenen Strukturen verharren. Vielmehr ist das Handeln durch Land und Kommunen nötiger denn je.

Zum einen muss endlich das Konnexitätsprinzip strikt eingehalten werden. Dieses besagt: Wer bestellt, der bezahlt. Heißt: Verpflichtet das Land seine Kommunen, Aufgaben zu erfüllen oder Leistungen bereitzustellen, müssen die Kommunen dafür finanziell auskömmlich vom Land ausgestattet werden. Ein Beispiel ist das Kita-Zukunftsgesetz, durch das den Finanzierern der Kindergärten ein erheblicher Mehraufwand entsteht. Erst nach langem Ringen und massiver öffentlicher Kritik an der Landesregierung entschloss diese sich, 80 Mio. Euro jährlich mehr bereitzustellen. Doch es reicht noch immer nicht aus, die Kommunen von den gesetzesbedingten Mehrkosten vollständig zu entlasten. Diese Einsicht darf kein Einzelfall bleiben und sollte auch rückwirkend gezeigt werden – bspw. bei der Aufnahme von Asylbewerbern, wo das Land nicht einmal Bundesmittel komplett an die Kommunen weiterreicht, obwohl das Bundesgeld ausdrücklich zur Entlastung der Kommunen bestimmt ist.

Zum anderen darf das Land nicht länger den kommunalen Finanzausgleich (KFA) zur eigenen Sparbüchse machen. Seit langem weisen die Kommunen darauf hin, dass ihnen die KFA-Mittel in voller Höhe zur Verfügung stehen müssen, um über die Runden zu kommen. Dennoch greift das Land immer wieder in den KFA, um eigene Ausgaben zulasten der Kreise, Städte und Gemeinden zu finanzieren. Diese Eingriffe werden Befrachtungen genannt. Jüngstes Beispiel ist die landesweite Einführung von wiederkehrenden Beiträgen. Zwar hat das Land zugesagt, für die oft teure Beratung zur Umstellung von einmaligen auf wiederkehrende Straßenausbaubeiträge insgesamt rund zehn Mio. Euro bereitzustellen – das Geld wird aber dem KFA entnommen. Somit kostet die Reform das Land nichts, es findet lediglich eine Umverteilung zwischen den Kommunen statt. Mit durchschnittlich 430 Mio. Euro beziffert der Gemeindebund die jährliche Befrachtung des KFA im Zeitraum 1991 bis 2020.

Außer Frage steht, dass auch die Kommunen handeln müssen. Liebgewonnene Ausgaben müssen überdacht und Verwaltungsstrukturen effizienter werden. Dafür sollte die Kommunalreform forciert und mit einem Geschäftsprozessmanagement kombiniert werden. Wie vorbildlich gespart werden kann, zeigen nicht zuletzt die Sieger-Kommunen des „Spar-Euros“, mit dem der Steuerzahlerbund gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden nachhaltiges und sparsames Verwaltungshandeln auszeichnet.

BdSt-Grafiken: Die erste BdSt-Grafik zeigt für verschiedene Gebietskörperschaftsgruppen (kreisfreie Städte, sonstige Verbands- und Ortsgemeinden sowie für Landkreise) die Finanzierungsüberschüsse bzw. -defizite dieser Gruppe sowie deren Saldo in Mio. Euro im Jahr 2019. Die zweite BdSt-Grafik zeigt jeweils die drei kreisfreien Städte bzw. Kreise mit den höchsten Überschüssen bzw. Defiziten im Jahr 2019. Datenquelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz.

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