02.12.2022

Grenzkommunen zu Luxemburg haben höhere Hebesätze

Luxemburg muss Ausgleichszahlungen leisten

Rund 40.000 Pendler leben in Rheinland-Pfalz, aber arbeiten in Luxemburg. Ihre Einkommensteuer entrichten sie grundsätzlich an das Großherzogtum mit der Folge, dass den deutschen Wohnorten Einnahmen fehlen. Mittel für die Infrastruktur wie Schulen und Kindergärten müssen die Gemeinden dennoch aufwenden. Eine aktuelle BdSt-Untersuchung zeigt, dass die Realsteuer-Hebesätze der grenznahen Städte und Gemeinden mitunter deutlich über dem Landesdurchschnitt liegen. Daher fordert der Steuerzahlerbund luxemburgische Ausgleichszahlungen an deutsche Kommunen – nach dem Vorbild Belgiens.

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Luxemburg soll demnächst verhandelt werden. Dies berichtet der Trierische Volksfreund. Auf luxemburgischen Wunsch hin soll unter anderem die 19-Tage-Regelung ausgeweitet werden. Betroffen sind rund 40.000 Grenzpendler, die in Deutschland wohnen, aber im Großherzogtum arbeiten. Im bestehenden Abkommen aus dem Jahr 2012 ist dazu geregelt, dass Grenzpendler bis zu 19 Tage im Jahr von zuhause aus arbeiten dürfen, ohne dass der deutsche Fiskus für das an diesen Tagen erzielte Einkommen die Hand aufhält. Von April 2020 bis Juni 2022 wurde die 19-Tage-Regelung infolge der Coronapandemie zugunsten der Grenzgänger und des luxemburgischen Fiskus ausgeweitet.

Bereits 2019 machten die damaligen Landräte Günther Schartz (Kreis Trier-Saarburg) und Joachim Streit (Eifelkreis Bitburg-Prüm) sowie die Oberbürgermeister von Trier, Wolfram Leibe, und von Metz  in einem Brief auf ein Problem aufmerksam. Den Wohnorten der Grenzpendler entgehen Steuereinnahmen. Auf deutscher Seite sind es vor allem die Gemeindeanteile an der Einkommensteuer, die mangels steuerlicher Veranlagung der Grenzpendler schlicht nicht anfallen. Dennoch müssen die Kommunen für ihre Bürger – auch die in Luxemburg arbeitenden und Einkommensteuern zahlenden – Infrastruktur und Leistungen vorhalten wie Schulen, Kindergärten und Verwaltung.

30 Mio. Euro im Jahr an Ausgleichszahlungen gefordert

Belgischen Kommunen zahlt das Großherzogtum Luxemburg jährlich eine Ausgleichszahlung in Höhe von rund 30 Mio. Euro. Die Zahl der Grenzpendler von Belgien nach Luxemburg ist fast so hoch wie die aus Deutschland nach Luxemburg. Der BdSt sieht in den Ausgleichszahlungen eine angemessene Referenz für das Ziel der bilateralen Steuergerechtigkeit. Keine Lösung ist es hingegen, die Mindereinnahmen und Mehrausgaben durch höhere Realsteuern wie der Grundsteuer B zu begegnen. Denn diese müssen auch bereits hochbesteuerte in Deutschland einkommensteuerpflichtige Erwerbstätige bezahlen.

Vor dem Hintergrund der anstehenden Gespräche und dem luxemburgischen Wunsch, die 19-Tage-Regelung auszuweiten, macht der Steuerzahlerbund in Rheinland-Pfalz wieder auf das massive Problem der fehlenden Ausgleichszahlungen aus dem reichen Luxemburg aufmerksam. Sollte es tatsächlich mehr steuerfreie Homeoffice-Tage in Deutschland geben, würde dem deutschen Staat und den Grenzkommunen noch mehr Einkommensteuer fehlen als bisher. Bereits jetzt sind die Hebesätze der grenznahen Städte und Gemeinde überdurchschnittlich hoch, hebt der BdSt das Ergebnis seiner Untersuchung hervor.

Grenzkommunen haben überdurchschnittlich hohe Hebesätze

Der BdSt hat die Hebesätze des Jahres 2021 von 335 rheinland-pfälzische Kommunen an der Grenze zu Luxemburg untersucht. Konkret wurden sämtliche Städte und Gemeinden des Eifelkreises Bitburg-Prüm sowie des Kreises Trier-Saarburg und die der kreisfreien Stadt Trier betrachtet. Die Gemeinden wurden in die offiziellen statistischen Gemeindegrößenklassen aufgeteilt und mit dem durchschnittlichen Hebesatz der Gemeindegrößenklasse verglichen. Die Daten stammen vom Statistischen Landesamt.

Von den 335 betrachteten Städten und Gemeinden erheben auf die Grundsteuer B 269 Gemeinden, also 80 Prozent, einen höheren Hebesatz als der rheinland-pfälzische Durchschnitt der jeweiligen Größenklasse. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch bei der Grundsteuer A (256 bzw. 76,4 Prozent über dem Durchschnitt) und bei der Gewerbesteuer, bei der 246 Gemeinden bzw. 73,4 Prozent überdurchschnittliche Hebesätze festgelegt haben.

Grundsteuer A

Die höchsten Abweichungen vom landesweiten Durchschnitt weist die Grundsteuer A auf, die auf land- und forstwirtschaftliche Grundstücke erhoben wird. Sie liegt zwischen 19 Punkten bei Gemeinden mit 5.000 bis 10.000 Einwohnern und 158,5 Punkten bei Gemeinden mit 3.000 bis 5.000 Einwohnern. Im ungewichteten Mittel haben Grenzkommunen einen um 74,7 Punkte höheren Hebesatz auf die Grundsteuer A als der Durchschnitt aller rheinland-pfälzischen Kommunen.

Besonders im Eifelkreis Bitburg-Prüm tritt das Phänomen auf. In der Verbandsgemeinde (VG) Arzfeld liegt die durchschnittliche Abweichung bei 143,2 Punkten über dem landesweiten Mittel für die Grundsteuer A. Ähnlich hohe Abweichungen ergeben sich auch für die VG Südeifel mit 134,2 Punkten und der VG Speicher mit 133 Punkten. Eine Ausnahme bildet die VG Prüm, deren Gemeinden die Grundsteuer A im Schnitt um 6,1 Punkte über dem Landesdurchschnitt angesetzt haben.

In den Gemeinden des Kreises Trier-Saarburg tritt das Problem nicht ganz so vehement auf. Mit bis zu 87,2 Punkten in den Gemeinden der VG Trier-Land ist es aber mitunter erheblich. Hingegen sind mit der VG Schweich und der VG Saarburg-Kell sogar unterdurchschnittliche Hebesätze auf die Grundsteuer A zu beobachten (-14,6 bzw. -13,3 Prozent).

Grundsteuer B

Für die meisten Haushalte weit bedeutsamer als die Grundsteuer A ist die Grundsteuer B, da diese auf Wohnimmobilien erhoben wird. Sie liegt in Grenzkommunen zwischen 35,5 Punkten (Gemeinden mit 10.000 bis 20.000 Einwohnern) und 63,9 Punkten in Gemeinden zwischen 500 und 1.000 Einwohnern höher als im Landesdurchschnitt. Im ungewichteten Mittel haben Grenzgemeinden eine um 50,7 Punkten höhere Grundsteuer B.

Auch bei der Grundsteuer B ist die Abweichung im Eifelkreis Bitburg-Prüm höher als im Kreis Trier-Saarburg. Negativer Spitzenreiter ist die VG Arzfeld, die mit 103 Punkten die höchste Abweichung zum Landesdurchschnitt aufweist. Es folgen die VG Speicher mit 89,5 Punkte und die VG Südeifel mit 89,4 Punkten. Eine Ausnahme ist die VG Prüm: Die Hebesätze ihrer Gemeinden liegen um zwei Punkte unter dem Landesdurchschnitt.

Im Kreis Trier-Saarburg hat die VG Konz mit 60,8 Punkten den höchsten „Aufschlag“ bei der Grundsteuer B im Vergleich zum Landesdurchschnitt. Es folgt die VG Trier-Land mit 47,9 Punkten und die VG Hermeskeil mit 44,7 Punkten.

Gewerbesteuer

Für die Kommunen ist die Gewerbesteuer fiskalisch die wichtigste der drei Realsteuern. Sie ist zudem ein Standortfaktor. Anders als bei der Grundsteuer sind die durchschnittlichen Hebesätze bei den Grenzkommunen keinesfalls ausschließlich höher als im Landesdurchschnitt. Bei Gemeinden mit 500 bis 1.000 Einwohnern ist die Differenz zum Landesdurchschnitt mit 11,2 Punkten am höchsten, bei Gemeinden zwischen 5.000 und 10.000 Einwohnern ist die Abweichung sogar leicht negativ, also unterdurchschnittlich: -3,5 Punkte.

In der VG Prüm (Eifelkreis) ist der Hebesatz mit einer Abweichung in Höhe von -2,4 Prozent und in der VG Saarburg-Kell (Kreis Trier-Saarburg) sogar mit -5,4 Prozent niedriger als im landesweiten Durchschnitt. Doch das sind Ausnahmen. Die höchste Differenz nach oben, also überdurchschnittliche Gewerbesteuersätze, weisen die Gemeinden der VG Bitburger-Land aus dem Eifelkreis Bitburg-Prüm auf: 17,0 Prozent. Es folgt die VG Ruwer (Kreis Trier-Saarburg) mit 9,3 Punkten und wiederum aus dem Eifelkreis die Gemeinden der VG Südeifel mit 9,1 Prozent.

BdSt-Fazit:

Über alle Gemeindegrößenklassen hinweg sind die Hebesätze in den grenznahen Städten und Gemeinden, die betrachtet wurden, im Durchschnitt höher als im ganzen Land Rheinland-Pfalz. Vor allem mit höheren Grundsteuern scheinen die Städte und Gemeinden zu versuchen, die Einnahmeausfälle aus der fehlenden Einkommensteuer auszugleichen. Die hohen Grundsteuern treffen alle Bürger der betroffenen Kommunen, auch diejenigen, die nicht von dem niedrigen luxemburgischen Einkommensteuertarif profitieren.

In Hinblick darauf erneuert der BdSt anlässlich der deutsch-luxemburgischen Gespräche über das Doppelbesteuerungsabkommen seine Forderung: Es bedarf endlich luxemburgischer Kompensationszahlungen an die deutschen Grenzkommunen, um die fehlende Einkommensteuer auszugleichen. Schließlich sind es in Deutschland wohnhafte Erwerbstätige, die massiv zur luxemburgischen Wertschöpfung beitragen. Eine Ausweitung der 19-Tage-Regelung, durch die das Großherzogtum sowieso tendenziell sein Aufkommen aus der Einkommensteuer erhöht, darf es nur geben, wenn Luxemburg die deutschen Kommunen mit den belgischen gleichstellt und eine angemessene Ausgleichszahlung leistet.

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