03.08.2022

Wie sinkende Diäten steigen

Zum 1. Januar 2023 gibt es für Landtagsabgeordnete mehr Geld

Aus einer Vorlage von Landtagspräsident Hendrik Hering für den Landtag geht hervor, dass die Abgeordnetenentschädigungen zum 1. Januar 2023 sinken. Grund dafür ist, dass der maßgebliche Nominallohnindex coronabedingt gefallen ist. Jedoch blickt der Steuerzahlerbund über den verengten Tellerrand der Vorlage hinaus – und stellt fest: Tatsächlich steigen die Diäten.

Glücklich, wer sein Gehalt selbst festlegen darf. Die Landtagsabgeordneten sind in dieser glücklichen Situation. Zwar heißt ihr Gehalt offiziell „Entschädigung“ und ist landläufig als „Diät“ bekannt, aber am seltenen Privileg ändern Begriffe nichts. Regelmäßig steigt die Entschädigung. Noch zu Beginn der vergangenen Legislaturperiode im Jahr 2016 erhielten Parlamentarier rund 5.812 Euro pro Monat als Diät. Derzeit sind es rund 7.395 Euro – das sind knapp 1.600 Euro bzw. 27 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Die meisten Werktätigen können von einem solchen Gehaltsplus nur träumen.

Tatsächlich sank der rheinland-pfälzische Nominallohnindex im Corona-Jahr 2020 gegenüber dem Vorjahr um 0,5 Prozent. Die Bürger hatten also weniger Geld in der Tasche. Immerhin ging es von diesem niedrigeren Niveau 2021 wieder aufwärts, um 2,7 Prozent. Nach Landtagspräsident Hendrik Hering soll dies den Abgeordneten zu einer höheren Diät verhelfen.

Diät sinkt 2023 nicht

In der Landtagsdrucksache 18/3766 schlägt Hering vor, dass sich die Diäten analog zum Nominallohn entwickeln sollen. Dies wird im Mainzer Landtag grundsätzlich so gehandhabt, jedoch kam es für die Jahre 2019, 2020 und 2022 zusätzlich zu außerordentlichen Diätenerhöhungen. Durch sie wuchs nicht nur der absolute Unterschied zwischen dem Durchschnittsgehalt des Bürgers und den „Entschädigungen“ für Landtagsmitglieder, sondern auch der relative Abstand.

Da der für die Diätenerhöhung zum 1. Januar 2023 relevante Nominallohnindex (Vergleich zwischen 2020 und 2019) um ein halbes Prozent sank, sollten auch die Diäten um ein halbes Prozent sinken. Das tun sie aber nicht. Vielmehr sollen die Diäten lediglich nicht so stark steigen wie bislang geplant. Im vergangenen Jahr beschloss der Landtag mehrheitlich eine außerordentliche Diätenerhöhung jeweils zum 1. Januar der Jahre 2022 bis 2024. Gemäß dieser steigt die monatliche Diät ab Januar 2023 auf rund 7.491 Euro.

Diese Diätenerhöhung soll durch die negative Lohnentwicklung der Bürger nur gebremst werden, nämlich um 0,5 Prozent des eigentlich angedachten Betrags von 7.491 Euro. Ein halbes Prozent davon sind 37,46 Euro. Somit fällt die Diätenerhöhung geringer aus: Von 7.395 Euro geht es rauf auf 7.454 Euro im Monat. So verwandelt sich das 0,5-prozentige Minus der Bürger in ein 0,8-prozentiges Plus für die Abgeordneten.

Doppelte Diätenerhöhung ab 2024 geplant

Eine doppelte Diätenerhöhung ist für 2024 geplant. Nach dem Beschluss von 2021 steigen die Abgeordnetenentschädigungen zum 1. Januar 2024 bereits auf 7.754 Euro. Durch den Anstieg des Nominallohnindexes von 2021 gegenüber dem Krisenjahr 2020 um 2,7 Prozent soll sich diese bereits erhöhte Diät abermals erhöhen: um 2,7 Prozent bzw. knapp 210 Euro. Jeder der 101 Landtagsabgeordneten erhielte dann 7.963 Euro im Monat.

Im Jahr 2024 soll eine Art Taschenspielertrick angewendet werden. Während der 2,7-prozentige Gehaltszuwachs der Bürger im Jahr 2021 das Minus von 0,5 Prozent von 2020 einpreist, beruht die geplante Diätenerhöhung der Landtagsmitglieder auf einer vorab festgelegten erhöhten Basis, die das Corona-Minus unberücksichtigt lässt. Dadurch wird die vermeintliche Diätensenkung 2023 zu einem Einmaleffekt in Gesamthöhe von nicht einmal 450 Euro. Hingegen tragen die Bürger ihren coronabedingten Verlust dauerhaft.

BdSt-Fazit:

Diätenerhöhungen sind immer umstritten. Gerade deswegen ist Transparenz so wichtig. Hingegen täuscht die Landtagsdrucksache zur Diätenerhöhung 2023 und 2024 für das erste Jahr eine sinkende Diät vor. Tatsächlich aber steigt die Diät auf einen neuen Höchstbetrag. Der wird freilich schon ein Jahr später erneut übertroffen.

Fatal dabei ist die Signalwirkung. Wird die Vorlage so beschlossen, geben die Abgeordneten vor, auf den Einkommensverlust der Bürger mit einer sinkenden Diät zu reagieren, wie es gebührlich erscheint. In Wahrheit fällt das Plus nur nicht ganz so hoch aus wie gedacht. Und im Folgejahr bleibt alles wie gehabt. Rechnerisch ergibt sich ab 2024 für die Parlamentarier dann sogar eine übermäßige Erhöhung, weil der 2020 gesunkene Nominallohnindex gar nicht eingepreist wird.

Diese Vorlage ist gegenüber den Bürgern unredlich. Ihr Einkommensverlust wird fast nicht abgebildet, vielmehr führt er zu einer höheren Steigerung ab 2024. Der BdSt rät den Abgeordneten, die Politikverdrossenheit in schwierigen Zeiten nicht noch anzufachen. Stattdessen sollten sie ihre Diät wirklich um 0,5 Prozent senken – mit dann rund 7.360 Euro wäre die Entschädigung noch immer weit über dem Durchschnittsgehalt.

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