01.04.2020

Nachtragshaushalt 2020 beschlossen

Landesmittel gegen Corona-Krise

Einen Nachtragshaushalt von 3,3 Mrd. Euro soll Unternehmen und Kommunen helfen, durch die Coronavirus-Krise zu gelangen. Ein Großteil des Volumens sind Bürgschaften zur Wirtschaftsförderung. Zur Finanzierung sollen aber auch neue Schulden aufgenommen werden. Der Steuerzahlerbund begrüßt den Nachtragshaushalt. Neue Schulden wären jedoch vermeidbar gewesen.

Es geht auch in kleiner Besetzung: Nur 68 von 101 Abgeordneten versammelten sich im Plenarsaal, um über den Nachtragshaushalt 2020 abzustimmen, der aufgrund der Corona-Krise notwendig geworden ist. Die kleine Besetzung ist dem Ansteckungsrisiko durch das Coronavirus geschuldet, die Stimmverhältnisse blieben dabei gewahrt. Der Beschluss war einstimmig ohne Enthaltung oder Gegenstimme. Die Einigkeit der fünf Fraktionen verdeutlicht die Dringlichkeit und Wichtigkeit des Nachtragshaushalts, der beitragen soll, die Corona-Krise zu bekämpfen.

Mit einem Volumen von rund 3,3 Mrd. Euro erhält die Landesregierung umfangreiche finanzielle Handlungsmöglichkeiten zur Bewältigung der Krise. Von dieser Summe dienen 800 Mio. Euro direkt zur Bekämpfung der Pandemie und zur Bewältigung ihrer Folgen. Die Handhabung kann dabei flexibel erfolgen, wo es nötig ist: im Gesundheitsbereich, für allgemeine Maßnahmen zur Coronavirus-Bekämpfung oder zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen.

Bürgschaftsrahmen radikal erhöht

Rund 100 Mio. Euro aus Landesmitteln stellt Rheinland-Pfalz seinen Landkreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung, nämlich 25 Euro je Bürger. Die betroffenen Kommunen sollen die Zahlung schnell erhalten. Durch die Bekämpfung der Pandemie entstehen Kreisen, Städten und Gemeinden zusätzliche, in der Regel nicht eingeplante Kosten.

Vor allem auf die Wirtschaft dürften die Auswirkungen der Corona-Krise massiv sein. Je nach Dauer der Unterbrechung von Lieferketten sowie der gesundheitspolitischen Maßnahmen wie der Ausgangsbeschränkung und den Filialschließungen von Einzelhändlern wird ein Konjunktureinbruch von bis zu 20 Prozent erwartet. Viele Unternehmen werden Kredite zur Liquiditätssicherung benötigen, um zu überleben. Durch den Nachtragshaushalt wurde der Bürgschaftsrahmen daher von 800 Mio. Euro um 2,2 Mrd. Euro auf 3 Mrd. Euro angehoben. Daneben erhält der Landesbetrieb Landesforsten zusätzlich 53 Mio. Euro, mit denen Einnahmeausfälle aus der Borkenkäferplage abgefangen werden sollen.

Schuldenbremse außer Kraft gesetzt

Welcher Anteil der Bürgschaften tatsächlich durch das Land getragen werden muss, ist naturgemäß noch offen. So müssen aktuell nur rund eine Mrd. Euro des Nachtragshaushalts als Barmittel finanziert werden. Erstens soll auf die für 2020 geplante Rücklagen-Zuführung verzichtet werden. Dadurch werden 150 Mio. Euro für die Pandemiebekämpfung frei; 50 Mio. Euro wären andernfalls zur Rücklage für den Gigabitausbau geflossen und 100 Mio. Euro zur Haushaltssicherungsrücklage. Zweitens wird aus der geplanten Schuldentilgung nichts, für den Nachtragshaushalt werden rund 210 Mio. Euro umgewidmet. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass die erwarteten Einnahmen nicht an die Corona-Krise angepasst wurden.

Drittens soll der Großteil der Finanzierung über eine Neuverschuldung von rund 640 Mio. Euro erfolgen. Statt Kredite aufzunehmen, mahnte der Steuerzahlerbund vielmehr einen Rückgriff auf die Haushaltssicherungslage an: Für Krisenzeiten ist die Rücklage angedacht. Genauso sahen das die Oppositionsfraktionen CDU und AfD. Sie stellten jeweils Änderungsanträge, nach denen die Haushaltssicherungsrücklage zur Finanzierung der Krisenmaßnahmen herangezogen werden sollte.

BdSt-Fazit:

Der Nachtragshaushalt 2020 ist wichtig und richtig. Schnell hat die Landesregierung einen Nachtragshaushalt auf den Weg gebracht. Einstimmig hat der Landtag ihn beschlossen. Nun kann Rheinland-Pfalz in finanzieller Hinsicht flexibel auf die Corona-Krise reagieren. Dadurch ist die Landesregierung frei, die Mittel da einzusetzen, wo sie am dringendsten gebraucht werden und wo sie am meisten helfen.

Doch Kritik ist angebracht an der Finanzierung der Maßnahmen. Mit einer Nettokreditaufnahme von 640 Mio. Euro soll 2020 schon im ersten Jahr der Schuldenbremse von der Ausnahmeregelung Gebrauch gemacht werden. Zweifellos ist die Corona-Krise eine Ausnahmesituation. Doch außergewöhnlich hoch ist auch die „Haushaltssicherungsrücklage“. Sie beträgt inzwischen mehr als eine Mrd. Euro! Statt mit neuen Schulden hätten die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung sehr gut aus dieser Rücklage finanziert werden können, die danach noch immer prall gefüllt wäre.

Foto: Landtag Rheinland-Pfalz

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