02.10.2018

BdSt im Gespräch mit dem Landkreistag

Themen waren Straßenausbaubeiträge, effiziente Verwaltung und kommunale Verschuldung

Warum belasten Straßenausbaubeiträge den ländlichen Raum besonders stark? Weshalb ist es notwendig, die Verwaltung zu reformieren? Und wie können Kommunen ihre Kredite abbauen? Über diese und weitere Fragen diskutierten der Vorsitzende des rheinland-pfälzischen Landkreistags Günter Schartz und dessen Geschäftsführende Direktorin Dr. Daniela Franke mit den BdSt-Vertretern Rainer Brüderle, René Quante und Frank Senger.

Im Juli dieses Jahres forderten der BdSt Rheinland-Pfalz und Haus & Grund Rheinland-Pfalz gemeinsam, Straßenausbaubeiträge endlich abzuschaffen. Der Vorsitzende des Landkreistages Rheinland-Pfalz, Landrat Günther Schartz, hatte dies zum Anlass genommen, mit dem BdSt die Situation der Ausbaubeiträge, aber auch Fragen der finanziellen und strukturellen Situation der Kommunen in Rheinland-Pfalz zu diskutieren. Der Landrat war zunächst erstaunt, als die Diskussion um die Abschaffung der Ausbaubeiträge Rheinland-Pfalz erreichte. „Lange Zeit wäre es gar nicht denkbar gewesen, die Straßenausbaubeiträge abzuschaffen“, erklärte Schartz. Dadurch dass in Bayern diese Abgabe tatsächlich weggefallen ist und darüber in Hessen diskutiert wird, kam beim Thema Fahrt auf. Der Steuerzahlerbund habe die Diskussion dann nach Rheinland-Pfalz getragen.

Einig war man sich, dass das Stadt-Land-Gefälle durch die Ausbaubeiträge und vor allem durch die oft sehr hohe Belastung der Anlieger verschärft werde. Dies führe zu Akzeptanzproblemen bei Ausbaumaßnahmen und manche notwendige Baumaßnahme werde deshalb unterlassen. Es komme so zu einem „schleichenden Verfall“ gemeindlicher Straßeninfrastruktur. In den Städten würden die Kosten auf mehr Eigentümer und mehr Grundstücke verteilt.  Deswegen würden umlagefähige Straßenausbauten für Bürger in den ländlichen Regionen tendenziell teurer als für Städter. Weil Immobilien auf dem Land meistens weniger Wert seien als in den Städten, sei die Bereitschaft niedriger, Straßenausbaubeiträge zu zahlen. Schartz verweist auch auf leerstehende Häuser in schrumpfenden und alternden Gemeinden. Dort fragen sich viele Menschen: „Muss der Straßenausbau noch sein? Kann ich mir den leisten?“

Allerdings habe man bei der Abschaffung in Bayern erhebliche finanzielle Ausgleiche seitens des Freistaates zugesagt – jährlich an die 100 Mio. Euro -, um die ausfallenden Beiträge zu kompensieren. Deshalb mache eine Abschaffung nur Sinn, wenn zusätzliche Landesmittel zur Kompensation an die Gemeinden gezahlt würden. Laut Brüderle und Schartz kommt es also auf den Landtag an, der die Gesamtgestaltung vornehmen müsse. Die immensen Rückstände im Straßenunterhalt, der teilweise sehr schlechte Zustand von Gemeindestraßen, die zunehmend schwierigere Diskussion vor Ort sowie der Verwaltungsaufwand bei der Erhebung rechtfertigen auf jeden Fall eine vertiefte Befassung mit dem Thema. Es gehe auch um den Stellenwert des ländlichen Raumes.

Im Weiteren wurde festgehalten, dass der Landkreistag den BdSt bei der Beschaffung von Daten über die Situation im kommunalen Bereich unterstützt. Dabei geht es laut Schartz auch um verbesserte Verwaltungsprozesse, die unabhängig von der jeweiligen Verwaltungszuständigkeit die Dienste für die Bürger verbessern sollen. Dabei setze man von beiden Seiten auf Kooperation, sind sich Brüderle und Schartz einig.

Anstrengungen, um kommunale Kassenkredite abzubauen

Dass Forderungen nach mehr Landesmitteln oft gerechtfertigt sind, sieht auch der Steuerzahlerbund so. Leider folgen weder der Bund noch das Land Rheinland-Pfalz vollständig dem Konnexitätsprinzip („Wer bestellt, der zahlt“). Bislang werden Aufgaben, die von höherer Ebene auf die Kommunen übertragen werden, nur teilweise bezahlt. Von den hohen kommunalen Aufwendungen zur Sozial- und Jugendhilfe wurden 2016 durchschnittlich ein Viertel nicht durch Bund und Land erstattet! Als jüngstes Beispiel droht den Kommunen, so Schartz, dass die Kosten im Zusammenhang mit dem neuen Kita-Gesetz nicht vollständig vom Land bezahlt werden. Das Land gebe den Eltern von Kita-Kindern einen Anspruch auf sieben Stunden Betreuung pro Tag, aber die Kosten dafür übernehme es nicht in Gänze. Während die Landesregierung sich feiern ließe, komme den Kommunen eine solche Politik teuer zu stehen.

In der Folge dieser Unterfinanzierung müssen sich Kommunen verschulden. So haben die Kommunen bis Ende 2016 einen Schuldenberg von rund 12,6 Mrd. Euro angehäuft, darunter sind Kassenkredite in Höhe von mehr als 5,5 Mrd. Euro. Die müssten abgebaut werden, stimmen Landkreistag und Steuerzahlerbund überein. Den Kommunalen Entschuldungsfonds (KEF) sieht Schartz zwar als ersten Schritt an, dieser sei aber nicht ausreichend. Viele Kommunen hätten eine so schlechte Haushaltslage, dass sie weder die Tilgung für ihre Kredite noch den Eigenanteil für den KEF aufbringen können. Der KEF soll kommunale Kassenkredite abbauen, indem das Land, die kommunale Familie und die betroffene Kommune jeweils ein Drittel zur Finanzierung der Schulden beitragen. Gemeindespezifische Tilgungspläne müssen her. Der Landkreistag pflichtet dem BdSt bei, dass es auch Eigenanstrengungen der betroffenen Kommune bedarf, um die Kassenkredite abzubauen.

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