14.09.2015

BdSt im Gespräch mit NeXovation

BdSt-Gespräch mit dem US-Unternehmen NeXovation

Die endlose Geschichte um den Nürburgring beschäftigt nun auch das Europäische Gericht. Der im Ringverkauf unterlegene US-Investor NeXovation hat im Juni 2015 eine Klage eingereicht, weil das Verkaufsverfahren nicht offen, transparent und diskriminierungsfrei gewesen sei. Tatsächlich habe NeXovation fast doppelt so viel geboten, wie das Unternehmen, das den Zuschlag bekam. Angesichts der schweren Vorwürfe haben sich der BdSt-Vorstandsvorsitzende Rainer Brüderle und Landesgeschäftsführer René Quante mit Vertretern von NeXovation getroffen.

Als der Nürburgring im Frühjahr 2014 an den Düsseldorfer Automobilzulieferer Capricorn verkauft wurde, lagen bei den Steuerzahlern Erleichterung und Ärger nah beieinander. Erleichterung darüber, dass die millionenschweren Hilfen des Landes Rheinland-Pfalz endlich enden würden. Ärger darüber, dass der Verkaufspreis mit rund 77 Mio. Euro deutlich unter dem Wert der Investitionen lag. Alleine der Freizeitpark hatte schon rund 330 Mio. Euro gekostet. Doch hätte die öffentliche Hand einen erheblich größeren Verkaufserlös erzielen können? Nach eigenen Angaben war und ist der US-Investor NeXovation bereit, für den Nürburgring 150 Mio. Euro zu zahlen.

Doch alles der Reihe nach: Der Verkaufsprozess wurde von den Insolvenzverwaltern des Nürburgrings mit Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG organisiert. Im Mai 2013 wurde der Verkauf angekündigt u.a. im Handelsblatt und der Financial Times. Wenige Monate später gab NeXovation ein unverbindliches erstes Angebot ab. NeXovation und andere Interessenten wurden schließlich zu einer sog. Due-Diligence-Prüfung eingeladen. Hierbei handelt es sich um eine Risikoprüfung, die durch den Käufer beim Kauf von Immobilien durchgeführt wird. Im Oktober 2013 wurde dem US-Unternehmen durch KPMG die Ausschreibungsbedingungen mitgeteilt. Demnach sollte ein vollfinanziertes Angebot mit verbindlichem Finanzierungsnachweis bis zum 11. Dezember 2013 eingereicht werden. Allerdings kritisiert NeXovation, dass es eine irreführende Verkaufsbeschreibung und eine unklare Verlängerung des Verkaufsverfahrens gegeben habe.

So soll das Ausschreibungsverfahren zuerst bis zum 17. Februar 2014 und dann bis zum 31. März 2014 verlängert worden sein. Am 26. März 2014 verfügte NeXovation nach eigenen Angaben über einen vollständigen Finanzierungsnachweis für ihr 150 Mio. Euro schweres Angebot und informierte die Insolvenzverwalter darüber. Allerdings brachen diese dann die Gespräche ab. Tatsächlich hatte der Gläubigerausschuss auf Empfehlung der Insolvenzverwalter bereits am 11. März 2014 seine Zustimmung zum Verkauf an Capricorn gegeben, d.h. mehr als zwei Wochen vor dem Ende des Ausschreibungsverfahrens. Insofern geht NeXovation von einer bewussten Benachteiligung aus.

Abgesehen vom weit niedrigeren Verkaufspreis kritisiert NeXovation aber auch die geringere Werthaltigkeit des Angebots. So habe Capricorn keine verbindliche Finanzierungsbestätigung vorgelegt, keine sonstigen ausreichenden Sicherheiten gehabt und die Creditreform-Bewertung von Unternehmensteilen sei nach Medienberichten bereits zum Zeitpunkt der Zuschlagserteilung „verheerend“ gewesen. Das sei alles nicht im Verkaufsprozess angemessen berücksichtigt worden. Und in der Tat konnte Capricorn den Verkaufspreis nicht aufbringen. Ende 2014 übernahm ein russisches Konsortium um den Milliardär Viktor Charitonin überraschend die Mehrheit am Ring. NeXovation wertet das gleichfalls als unzulässig, weil der Weiterverkauf unter der Hand abgelaufen sei und nicht in einem transparenten, diskriminierungsfreien Verfahren.

Nachdem NeXovation mit einer Beschwerde gegen das Verkaufsverfahren bei der EU-Kommission scheiterte, legte das Unternehmen im Juni 2015 eine Klage beim Europäischen Gericht in Luxemburg ein. Hierbei handelt es sich um die erste Instanz des Europäischen Gerichtshofs. Bis der Rechtsstreit um den Nürburgring entschieden ist, könnten mehrere Jahre ins Land gehen. Eine zweite Klage hat der Verein „Ja zum Nürburgring“ um den ehemaligen ADAC-Präsidenten Otto Flimm eingereicht. Für die weitere Entwicklung des Nürburgrings sind die Rechtsstreite sehr hinderlich. Denn solange die Eigentümerfrage nicht eindeutig geklärt ist, dürften wohl keine größeren Investitionen mehr erfolgen. Sollte sich das Verkaufsverfahren tatsächlich als europarechtswidrig erweisen, müsste es wiederholt werden. Für die Steuerzahler würde das zwar zusätzliche Kosten bedeuten, aber auch die Möglichkeit, einen weit höheren Verkaufserlös zu erzielen.