22.11.2023

Kindergeld auch für Stiefkinder trotz getrennter Eheleute

Steuer-Info

Es gelten als Kinder auch die Kinder des Ehegatten, die der nicht verwandte Kindergeldberechtigte in seinen Haushalt aufgenommen hat. Gleiches gilt bei einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Hierbei handelt es sich um ein Stiefkindverhältnis.

In einem Streitfall vor dem FG Baden-Württemberg war eine eingetragene Lebenspartnerschaft betroffen. Im gemeinsamen Haushalt wohnten neben den beiden biologischen Kindern der Klägerin auch die biologischen Kinder der Partnerin, die mit der Eintragung der Lebenspartnerschaft Stiefkinder der Klägerin geworden waren. Nach einigen Jahren kam es zur Trennung. Die Lebensgefährtin der Klägerin verließ diese mit ihren leiblichen Kindern. Später zog eines der Kinder zunächst zu seinem Vater und dann wieder in den Haushalt der Klägerin.

Die Klägerin stellte den Antrag auf Kindergeld für das Kind, den die Familienkasse ablehnte. Zur Begründung führte sie aus, dass das Kind nicht mehr berücksichtigungsfähig sei, weil es nach der Scheidung nicht mehr im Haushalt der Klägerin gelebt habe, sondern zunächst bei seiner Mutter und dann bei seinem Vater zu Hause gewesen ist. Damit endete das Stiefkindschaftsverhältnis. Die erneute Aufnahme des Kindes in den Haushalt der Klägerin führt nicht automatisch zu einem neuen Stiefkindschaftsverhältnis. Diese Begründung steht laut Familienkasse im Einklang mit der Dienstanweisung für Kindergeld: „Stirbt der Ehegatte des Kindergeldberechtigten oder wird die Ehe geschieden oder aufgelöst oder die Lebenspartnerschaft aufgehoben und verbleibt das Kind im Haushalt des bisher Kindergeldberechtigten, so erfüllt das Kind weiterhin die Voraussetzung als Kind des Ehegatten.“ Daraus ergibt sich, dass ein Anspruch auf Kindergeld nur dann besteht, wenn das Kind nach der Scheidung durchgehend im Haushalt des Stiefelternteils lebt.

Das Finanzgericht Baden-Württemberg entschied mit Urteil vom 04.08.2023, Az. 13 K 254/23, dass die Kinder des verstorbenen oder geschiedenen Ehegatten bzw. Lebenspartners auch als Kinder des Stiefelternteils nach § 63 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zählen, wenn sie nicht durchgehend im Haushalt verblieben sind. Laut Bürgerlichem Gesetzbuch besteht zwischen der Klägerin und ihrem Stiefkind im ersten Grad eine Schwägerschaft. „Diese bleibt auch erhalten, obwohl die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist. Somit kann das Stiefkindschaftsverhältnis entgegen der Auffassung der Familienkasse aus rechtlichen Gründen nicht erlöschen“, erklärt der Steuerzahlerbund.

Das FG begründete seine Auffassung ferner damit, dass der Wortlaut der Vorschrift zu kurz greift. Die Vorschrift beruht auf eine verwaltungstechnische Zuordnungsmöglichkeit der Kinder im Rahmen neuer Eheschließungen. Das greift aber nicht weit genug, da nicht berücksichtigt wird, dass das Kindergeld der steuerlichen Freistellung des Familienexistenzminimums und der Förderung der Familie diene. „Grundsätzlich sollte jedoch diejenige Person zuerst von dieser Entlastung und Förderwirkung profitieren, die das Kind in ihren Haushalt aufgenommen, ihm Unterhalt gewährt und es in ihre Familie integriert hat“, erläutert der Bund der Steuerzahler. Damit hat das FG die Vorschrift im Zuge der Rechtsfortbildung erweitert. Da noch keine höchstrichterliche Klärung zur Frage vorliegt, ob und unter welchen Bedingungen auch nach Auflösung einer Ehe oder Lebenspartnerschaft weiterhin ein Kindergeldanspruch für Stiefkinder besteht, hat das FG die Revision zugelassen.

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