10.02.2023

Keine Grunderwerbsteuer auf Erschließungskosten?

BFH urteilt unterschiedlich, wenn Gemeinde oder Privater Verkäufer ist

Sind Ablösebeträge für Erschließungskosten eines noch unerschlossenen Grundstücks in die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer einzubeziehen? Nicht zwingend, wenn der Veräußerer die erschließende Gemeinde ist. Aber regelmäßig dann, wenn das Grundstück von privat verkauft wird.

Eine erschließungspflichtige Gemeinde verkaufte ein unerschlossenes Grundstück. Dabei vereinbarten der private Käufer und die Verkäuferin im Kaufvertrag, dass für die Erschließung des Grundstücks ein bestimmter Betrag zu zahlen ist. Im Kaufvertrag standen sowohl der Gesamtbetrag als auch der Teilbetrag für den verkauften Grund und Boden sowie der Teilbetrag für die Erschließungskosten. Letztere enthalten sämtliche bereits erbrachten und noch zu erbringenden Kosten der (Erst-)Erschließung.

Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer auf den Gesamtbetrag fest. Dagegen klagte der Käufer, der beanspruchte, die Grunderwerbsteuer nur auf den Teilbetrag für den verkauften Grund und Boden festzusetzen. Das Hessische Finanzgericht wies die Klage ab. Dagegen gingen die Kläger in Revision für den Bundesfinanzhof (BFH).

Dieser urteilte am 28. September 2022 zugunsten des Klägers und Käufers (Az.: II R 32/20). „Ist eine nach öffentlichem Recht erschließungspflichtige Gemeinde selbst der Veräußerer und übernimmt der Erwerber die Verpflichtung, für die zukünftige Erschließung des Grundstücks einen bestimmten Betrag zu zahlen, ist Gegenstand des Erwerbsvorgangs regelmäßig nur das unerschlossene Grundstück“, heißt es in dem BFH-Urteil. Dies gelte sowohl dann, wenn der Erwerber die Erschließungskosten mittels eines gesonderten Vertrages übernehme als auch dann, wenn eine solche Vereinbarung im Grundstücks-Kaufvertrag enthalten sei.

Anders bei privatem Veräußerer

Hingegen urteilte das BFH am 23. Februar 2022 anders, als ein noch zu erschließendes Grundstück durch einen privaten Erschließungsträger, eine Immobiliengesellschaft, veräußert wurde (Az. II R 9/21). Dabei hatten die private Verkäuferin und die Gemeinde, in der das Grundstück liegt, Regelungen zur Erschließung vereinbart. Gegenüber dem Käufer hatte sich die Verkäuferin verpflichtet, das Grundstück in erschlossenem Zustand zu versetzen.

Das Finanzamt setzte die Grunderwerbsteuer auf den vereinbarten Kaufpreis an, ohne die (im Kaufvertrag nicht genannten) Erschließungskosten von der Bemessungsgrundlage abzuziehen. Dies forderten die Käufer vor dem Finanzgericht Münster. Dieses gab dem beklagten Finanzamt recht. Dagegen legten die Kläger Revision ein.

Auch der BFH urteilte im Sinne des Finanzgerichts Münster: „Ist ein Grundstück im Zeitpunkt des Abschlusses des Grundstückskaufvertrags noch nicht erschlossen, verpflichtet sich jedoch der Veräußerer, das Grundstück dem Erwerber in erschlossenem Zustand zu verschaffen, ist das Grundstück in diesem Zustand Gegenstand des Erwerbsvorgangs i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG.“ Entsprechend ist die Grunderwerbsteuer auch auf den die Erschließung entfallenden Teil des Kaufpreises zu bemessen.

Ob das erschlossene Grundstück Gegenstand der Übereignungsverpflichtung ist, ist jeweils im Wege der Auslegung der getroffenen Vereinbarungen zu ermitteln, so der BFH mit Bezug auf die ständige Rechtsprechung.

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