22.09.2021

Landtagsabgeordnete erhöhen sich ihre Diäten

Viel mehr Geld für Abgeordnete und Fraktionen

Aufgeschoben ist nicht aufgehoben: Wegen der Flutkatastrophe hatten die Abgeordneten des rheinland-pfälzischen Landtags die Diätenerhöhung vertagt. Heute wurde sie beschlossen. Von 2022 bis 2024 steigen die Bezüge um satte elf Prozent auf knapp 7.800 Euro. Auch die Fraktionen erhalten mehr Geld. Insgesamt kostet der Griff ins Portemonnaie der Steuerzahler über acht Mio. Euro bis zum voraussichtlichen Ende der Legislaturperiode im Jahr 2026.

Am Abend des 14. Juli 2021 und in der darauffolgenden Nacht versanken hunderte Dörfer und Städte an der Ahr, Kyll und Prüm sowie deren Nebenflüssen in Sturzfluten. Just für den 15. Juli war eine Landtagssitzung angesetzt, auf deren Tagesordnung ein üppiger Diätenplan für die Abgeordneten stand. Noch am Nachmittag des verhängnisvollen Tages rechtfertigten die meisten Redner im Plenum die Diätenerhöhung mitten in der Coronakrise. Vor dem Hintergrund der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Folgen kritisierte der Steuerzahlerbund die Pläne als instinktlos.

Ganz so instinktlos waren die Abgeordneten dann doch nicht: Sich selbst die Taschen zu füllen, während zehntausende Bürger in den Katastrophengebieten von jetzt auf gleich obdachlos geworden sind, das geht nicht. Somit wurde der Beschluss über den Diätplan vertagt auf die erste Plenarwoche nach der Sommerpause.

Am 22. September 2021 wurde die Diätenerhöhung beschlossen. Von derzeit 6.992 Euro steigen die Diäten schon ab dem 1. Januar 2022 auf 7.228 Euro. Ab dem 1. Januar 2023 erhalten die Landtagsmitglieder 7.491 Euro und ab dem 1. Januar 2024 sogar 7.754 Euro. Innerhalb von drei Jahren beträgt das Plus satte elf Prozent!

Bürgermeister-Verdienst und Indexierung

Gemäß Abgeordnetengesetz soll sich die Entschädigung für Landtagsmitglieder an der höchsten Stufe der Besoldungsgruppe A 16 orientieren, die derzeit mit monatlich rund 7.754 Euro vergütet wird. In diese Besoldungsgruppe sind bspw. hauptamtliche Bürgermeister von Kommunen mit 10.001 bis 15.000 Einwohner eingeordnet. Ob Abgeordnete aber tatsächlich eine ähnliche Verantwortung tragen wie Bürgermeister, ist sehr zweifelhaft – leiten Abgeordnete doch keine Verwaltung und sind laut Verfassung frei und nur ihrem Gewissen unterworfen.

Daneben wurde 2017 durch den Landtag beschlossen, dass die Diäten sich ab 2019 mit dem Verdienstindex für Rheinland-Pfalz entwickeln sollten. Für die Jahre 2019 und 2020 wurde dieser durch die Abgeordneten in Anspruch genommen, wodurch die Diäten – neben der Erhöhung zwecks Anpassung an die Bürgermeister-Besoldung – zusätzlich um 2,1 bzw. 2,4 Prozent stiegen. Die Folge waren bereits drastische Diätenerhöhungen in den Jahren 2017 bis 2020 von insgesamt 17,8 Prozent. Hingegen sanken laut dem Statistischen Landesamt im vergangenen Jahr die Reallöhne in Rheinland-Pfalz um ein Prozent. Entsprechend hätte den Landtagsmitgliedern womöglich eine Diätensenkung gedroht, wenn sie sich ausschließlich an die erst 2017 eingeführte Diätenindexierung gehalten hätten.

Auch Kostenpauschale steigt

Neben ihrer Diät erhalten Abgeordnete eine steuerfreie Kostenpauschale. Diese soll für die Betreuung des Wahlkreises und dem Wahlkreisbüro genutzt werden. Sie soll um 250 Euro im Monat auf 1.530 Euro erhöht werden – es handelt sich um die erste Erhöhung seit 2014. Jedoch ist das Plus von knapp 20 Prozent recht großzügig bemessen. Der Verbraucherpreisindex stieg in demselben Zeitraum lediglich um 6,3 Prozent.

Neu ist allerdings, dass die Abgeordneten über die Kostenpauschale auch ihre mobile IT-Ausstattung zu zahlen haben. Bislang wurde diese als „sonstige Sachleistung“ durch den Landtag gewährt. Dadurch sinken die Ausgaben im Gegenzug um 55.000 Euro. Diese gegengerechnet ergeben sich unter dem Strich noch Mehrkosten für den Steuerzahler in Höhe von 248.000 Euro im Jahr.

Parlamentarische Geschäftsführer bessergestellt

Nicht nur für die „einfachen“ Abgeordneten gibt es mehr Geld. Deutlich bessergestellt werden die Parlamentarischen Geschäftsführer. Derer hat jede Fraktion einen. Sie sollen künftig das Eineinhalbfache der normalen Abgeordnetendiät erhalten. Bislang sind nur die Fraktionsvorsitzenden und der Landtagspräsident, die jeweils das Zweifache, sowie die stellvertretenden Landtagspräsidenten mit dem 1,5-fachen der Entschädigung bessergestellt als die übrigen Landtagsmitglieder. Letzteren ziehen die „PGFs“ in der Bezahlung alsbald gleich – also auf zunächst knapp 10.500 Euro für dieses Jahr, was sich auf bis zu 11.600 Euro im Jahr 2024 erhöht, da sich ja auch die Diäten erhöhen. Dabei liegen die Mehrkosten zwischen 157.000 Euro und knapp 300.000 Euro im Jahr. Da die Funktionszulagen die Altersversorgung – die Höhe der monatlichen Pension – verbessern, kommen langfristig weitere Kosten auf die Steuerzahler zu.

Bisher erhalten Abgeordnete mit besonderen Funktionen traditionell oftmals Zulagen, die fraktionsintern geregelt sind. Dadurch stellt die höhere Diät für PGFs eine finanzielle Entlastung der Fraktionen dar, sofern sie bisher die Zulagen gewährten. Dass Parlamentarische Geschäftsführer wichtige Aufgaben wahrnehmen, ist indes unbestritten.

Höhere Fraktionsfinanzierung

Trotz dieser Entlastung soll auch die Fraktionsfinanzierung erhöht werden. Der Grundbetrag je Fraktion steigt um monatlich 2.500 Euro auf 70.000 Euro. Für jeden Abgeordneten in der Fraktion erhält die Fraktion einen sog. Steigerungsbetrag. Dieser erhöht sich um 100 Euro auf 2.191 Euro im Monat. Für die insgesamt sechs Fraktionen im Landtag ergeben sich insgesamt höhere Einnahmen von rund 300.000 Euro im Jahr.

Das Plus für die Fraktionen wird im Gesetzentwurf mit der Corona-Pandemie begründet, in deren Folge die Arbeitsorganisation in den Fraktionen angepasst werden musste. Stichworte sind hierbei Homeoffice und die dafür notwendige IT-Ausstattung. Tatsächlich stellen Fraktionen einen Großteil der parlamentarischen Arbeit sicher – entsprechend ist eine zeitgemäße, effiziente Ausstattung für ein funktionierendes Parlament unabdingbar. Fragwürdig ist es, dass der Mehraufwand für Computertechnik nicht durch Einsparungen aufgefangen wird.

Über 8 Mio. Euro Mehrkosten

Über die gesamte Legislaturperiode, die voraussichtlich bis ins Frühjahr 2026 dauern wird, kostet der Diätenplan für die aktiven Parlamentarier die Steuerzahler mehr als 3 Mio. Euro – weitere Erhöhungen nicht ausgeschlossen. Für die früheren Abgeordneten und Hinterbliebenen kumulieren sich die Mehrkosten bis 2026 auf rund 2,3 Mio. Euro. Die geänderte Kostenpauschale schlägt für diesen Zeitraum mit etwa 1,2 Mio. Euro zubuche. Und die Fraktionen werden in dieser Legislaturperiode etwa 1,5 Mio. Euro mehr erhalten.

Summa summarum ergeben sich nach Berechnung des Steuerzahlerbundes Mehrkosten von rund 8,1 Mio. Euro über die gesamte Legislaturperiode.

BdSt-Fazit:

Offenbar fehlt der Mehrheit der Abgeordneten jegliches Fingerspitzengefühl. Bereits das Coronavirus hat viele Menschen gebeutelt. Dann brach eine Flutkatastrophe über den nördlichen Landesteil herein. Auf diese haben die Abgeordneten nur insoweit Rücksicht genommen, dass sie ihre Diäten nicht just am Tag nach dem Unwetter erhöht haben. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, mögen sich manche Abgeordnete gedacht haben.

Überdies kam es vor vier Jahren zu einem Systemwechsel hin zu einem Verdienstindex. Steigen die Löhne, profitieren auch die Abgeordneten. Aber im vergangenen Jahr mussten die Bürger ihre Gürtel enger schnallen; die Reallöhne sanken um ein Prozent. Just in dem Moment wird der Verdienstindex einfach beiseitegeschoben. Aber man behält sich vor, den Index wieder zu nutzen, sobald er wieder nützlich ist. Für den BdSt ist das Rosinenpickerei, die Politikverdrossenheit unnötig fördert.

Aktualisierung vom 16.12.2021: Eine breite Mehrheit der Landtagsabgeordneten hat eine zweite Diätenerhöhung zum 1. Januar 2021 auf rund 7.400 Euro/Monat ohne Aussprache beschlossen. Mehr dazu erfahren Sie HIER.

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