07.04.2021

Wie steht es um die Grundsteuer-Reform in Rheinland-Pfalz?

BdSt plädiert für einfaches Flächenmodell

Zum dritten Mal jährt sich das wegweisende Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Grundsteuer. Nach langem Hin und Her haben sich der Bund und die Bundesländer auf ein kompliziertes Reformmodell geeinigt, aber auch auf eine „Öffnungsklausel“. Diese gestattet es jedem Bundesland, ein eigenes alternatives Modell einzuführen. Wo steht Rheinland-Pfalz? Und was erwartet der Steuerzahlerbund von der neuen Landesregierung?

Fast jeder Haushalt zahlt die Grundsteuer B, die auf bebaubares oder bebautes Land erhoben wird. Entweder zahlt man sie als selbstnutzender Eigentümer direkt an seine Gemeinde oder als Mieter indirekt über die Nebenkosten. Für die Städte und Gemeinden ist die Grundsteuer eine wichtige Einnahmequelle, zudem dürfen sie den Hebesatz festlegen. Rheinland-pfälzische Kommunen erzielten 2020 ein Aufkommen von 591 Mio. Euro.

Jedoch urteilte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 10. April 2018, die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer sei verfassungswidrig. Das höchste deutsche Gericht gab der Politik zwei Fristen: Zum einen musste der Gesetzgeber bis Ende 2019 eine Neuregelung schaffen. Mit der Zustimmung des Bundesrats im November 2019 wurde die Reform besiegelt, bereits im Oktober hatte der Bundestag die Reformgesetze verabschiedet. Zum anderen gibt es eine Übergangszeit, um die neuen Regeln umzusetzen, nämlich bis Ende 2024. Bis dahin dürfen die verfassungswidrigen Einheitswerte noch zur Bemessung der Grundsteuer herangezogen werden.

Konkurrierende Modelle

Die Reform sieht eine komplizierte wertabhängige Berechnung vor, die nach dem Bundesfinanzminister „Scholz-Modell“ genannt wird. Schon in der Diskussion auf Bund-Länder-Ebene waren manche Bundesländer wie Bayern und Hamburg mit dem Scholz-Modell unzufrieden. Sie haben eine Öffnungsklausel durchgesetzt, die es jedem Bundesland ermöglicht, eine eigene Bemessungsgrundlage zu bestimmen.

Vor diesem Hintergrund setzt sich der Steuerzahlerbund für ein Flächenmodell als Alternative ein. Nur die Grundstücks- und Gebäudefläche werden mit einem festen Faktor multipliziert, woraus sich der Wert ergibt. Dieser Wert ändert sich nicht mehr, solange das Grundstück nicht geteilt oder zusammengeführt oder dem Gebäude nichts angebaut wird. Dieses Modell ist wertunabhängig, was den Charme hat, dass es einfach und nachvollziehbar zu berechnen ist. Für die öffentliche Verwaltung ist der Aufwand niedrig und einmalig.

Im Gegensatz dazu ist das Modell des Bundesfinanzministers teuer, allein in Rheinland-Pfalz müssen 175 (!) Vollzeitstellen geschaffen werden, um die erste Hauptfeststellung durchzuführen. Beim Scholz-Modell sind solche Hauptfeststellungen mindestens alle sieben Jahre erforderlich, sonst ereilt der reformierten Grundsteuer dasselbe Schicksal wie den Einheitenwerten – sie werden verfassungswidrig. Berechnungskomponenten sind u. a. ein statistisch ermittelter Mietpreis, der wiederum vom Mietniveau der Gemeinde abhängt, der Grundstücksgröße und dessen Bodenrichtwert und das Gebäudealter. Viele dieser Größen bedingen sich gegenseitig, weshalb auf sie hätte verzichtet werden können, statt es kompliziert zu machen.

Wo steht Rheinland-Pfalz?

Bislang hat nur Baden-Württemberg mit dem „Bodenwertmodell“ ein eigenes Modell beschlossen. Bayern hat angekündigt, ein Flächenmodell umzusetzen. Auch Hamburg, Hessen und Niedersachen wollen ein Flächenmodell umsetzen, jedoch ergänzt um einen Lagefaktor.

Das SPD-geführte Rheinland-Pfalz hat früh starke Sympathien für das Scholz-Modell gezeigt. Leider hat sich die Ampel-Landesregierung bis heute nicht einsichtig gezeigt. Dabei soll die Reform „sozial gerecht, administrativ gut umsetzbar und insgesamt aufkommensneutral“ sein, wie es im Finanzministerium hieß. Dieser Wunsch steht eklatant im Widerspruch zum Scholz-Modell.

Scholz-Modell unpassend

Das Ziel der Aufkommensneutralität können nur die Kommunen erreichen, daher ist dieses Versprechen von Landes- und Bundespolitikern nicht ernst zu nehmen. Administrativ gut umsetzbar ist ein wertabhängiges Modell nicht, 175 neue Vollzeitstellen allein beim Land sind diesbezüglich aussagekräftig genug. Deren Kosten liegen bei weit über 13 Mio. Euro im Jahr.

Auch sozial gerecht ist das Scholz-Modell nicht. Vielen Bürgern droht die neue Grundsteuer zu einer riesigen Belastung zu werden. Diesem wertabhängigen Modell liegt nämlich ein Verteuerungs-Automatismus inne: Steigen die Mietpreise, steigt auch die Steuer, ohne dass die Gemeinde an ihren Hebesätzen drehen muss. Besonders Bezieher niedriger Einkommen, die jeden Cent zweimal umdrehen müssen, treffen höhere Steuern hart. Das ist sozial ungerecht. Zumal eine Wohnung keinesfalls Ausdruck von besonderer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit ist: Wer vor 30 Jahren in günstiger Lage baute, ist deswegen heute nicht finanziell stark, bloß weil es sich der Stadtteil zum Szeneviertel entwickelt hat. Wer einen alten Mietvertrag hat, wohnt günstig – neu angemietete Wohnungen sind viel teurer und werden durch das Scholz-Modell auch steuerlich stärker belastet. Soll die finanzielle Leistungsfähigkeit der Bürger besteuert werden, ist die progressive Einkommensteuer das geeignete Mittel. Hilfsgrößen wie die bewohnte Immobilie bedarf es dafür nicht.

BdSt-Fazit:

Nach drei Jahren intensiver Diskussion um eine Grundsteuer-Reform hat sich Rheinland-Pfalz bislang leider zum komplizierten Scholz-Modell bekannt. Doch noch kann das Ruder herumgerissen und ein einfaches Modell angesteuert werden. Aufgrund der Probleme und Mängel erwartet der Steuerzahlerbund von der neuen Landesregierung, ein eigenes Reformmodell. Sinnvoll wäre das Flächenmodell. Mit einem geringen Verwaltungsaufwand und einer nachvollziehbaren Berechnung wäre es leicht umsetzbar und müsste nicht regelmäßig aktualisiert werden. Zudem steigt die Grundsteuer nur dann, wenn der Stadt- oder Gemeinderat beschließt, den Hebesatz zu erhöhen.

Wenn auch die neue Regierungskoalition kein eigenes Modell will, ist Abschreiben erlaubt. Wie in der Schule sollte man von den Klassenbesten abschreiben. Daher könnten die Gesetzentwürfe aus Bayern und den anderen Bundesländern mit wertunabhängigem Flächen-Ansatz als Vorlage für Rheinland-Pfalz dienen.

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Unser Wirtschaftsmagazin „Der Steuerzahler“ informiert regelmäßig über aktuelle Themen, Steuertipps und Steuerurteile. Sparen Sie auch bares Geld mit unseren Ratgebern und Broschüren zu Steuerthemen sowie mit Rabatten aus dem BdSt-Sparerpaket. Informieren Sie sich HIER über die vielfältigen Vorteile einer Mitgliedschaft und treten Sie noch heute einer starken Gemeinschaft von Steuerzahlern bei.