18.09.2018

Sorgfältige Planung beim Hallenneubau in Lörzweiler

BdSt im Gespräch mit der VG Bodenheim und der OG Lörzweiler

Lörzweiler plant den Bau einer Multifunktionshalle. Die alte Halle ist sanierungsbedürftig und eine große Drei-Feld-Halle soll her. Kleiner Ort, großes Gebäude – ein Klassiker der Steuergeldverschwendung. Doch in Lörzweiler kommt es anders, vergewissert sich der BdSt im Gespräch mit Kommunalvertretern.

Ein aufmerksamer Bürger hatte den BdSt auf einen möglichen Verschwendungsfall in der Nähe von Mainz hingewiesen. In der Ortsgemeinde Lörzweiler mit rund 2.250 Einwohnern soll eine große Mehrzweckhalle gebaut werden. Nach einer ersten Recherche stand der Steuerzahlerbund vor einem Berg an Fragen: Warum solle eine Drei-Feld-Halle günstiger sein als eine kleinere Zwei-Feld-Halle? Wieso reicht die energetische Sanierung und Erweiterung der bestehenden Hohberghalle nicht aus? Versuchte Lörzweiler, eventuell freie Hallen in Nachbargemeinden anzumieten?

An die zuständige Verbandsgemeinde Bodenheim richtete der BdSt seine Anfrage. Die Antworten des VG-Bürgermeisters Dr. Robert Scheurer waren verbunden mit einer Einladung zum Gespräch. „Der Bund der Steuerzahler verfügt aus einer breiten Betrachtung kommunaler Investitionen in Dorfgemeinschaftshäuser, Sport- und/oder Mehrzweckhallen über reichhaltige Erfahrungen“, schreibt Scheurer. Die BdSt-Vertreter Frank Senger und Stephanie Beckenbach folgten der Einladung. Neben VG-Bürgermeister Scheurer nahmen Lörzweilers Bürgermeister Michael Christ mit zwei Beigeordneten und Rouven Schnurpfeil, Fachbereichsleiter Natürliche Lebensgrundlagen und Bauen der VG Bodenheim, teil. Die Lokalpresse war mit Kathrin Damwitz von der Allgemeinen Zeitung vertreten, sie stellte ihre Fragen sowohl an den BdSt als auch an die Kommunen.

Bedarfsanalyse spricht für Neubau

Wie sieht die Situation in Lörzweiler aus? Die bestehende Hohberghalle in Lörzweiler stammt aus den 1960er Jahren, sie ist inzwischen sanierungsbedürftig. Selbst ohne eine Vergrößerung der Räumlichkeiten betragen die geschätzten Sanierungskosten rund 1,4 Mio. Euro. Würde die Hohberghalle erweitert, stiegen die Kosten auf mindestens 2,6 Mio. Euro. Dabei sind die üblichen kostenintensiven Überraschungen einer Altbausanierung noch nicht enthalten.

Doch lassen sich negative Überraschungen durch eine sorgfältige Planung vermeiden. Ein Neubau hingegen benötigt Zeit. Durch umfangreiche Ausschreibungen, Gutachten (z. B. für Lärm- und Umweltschutz) und Planfeststellungsverfahren dauern Neubauten tendenziell länger als Sanierungen. Nachteil des Bestandsbaus in Lörzweiler: Er müsste erweitert werden – und dann gehen die Vorteile einer bloßen Sanierung verloren.

Mit 20 Vereinen verfügt Lörzweiler über ein aktives Sport- und Kulturleben. Vergeblich wurde versucht, in Nachbargemeinden für die Lörzweiler Vereine Hallen anzumieten. Schließlich wurde eine Bedarfsanalyse erstellt. Deren Ergebnis war, mindestens eine Zwei-Feld-Halle sei in Lörzweiler sachgerecht. Der Gemeinderat Lörzweiler berechtigte daraufhin seine Verwaltung, eine Mehrzweckhalle mit bis zu drei Feldern zu planen. Erstaunlich: Eine Zwei-Feld-Halle wurde um fast 500.000 Euro teurer geschätzt als eine Drei-Feld-Halle.

Kann eine große Halle günstiger sein als eine kleine?

Die Kosten für eine Zwei-Feld-Mehrzweckhalle mit Nebenräumen wurden auf rund 4,2 Mio. Euro geschätzt, eine standardisierte Drei-Feld-Halle solle aber nur 3,8 Mio. Euro kosten. Als Vorbild diente nämlich der Neubau einer Schulsporthalle mit drei Spielfeldern im Kreis Mainz-Bingen, zu dem die VG Bodenheim gehört. Erst nach und nach kam heraus, dass ein Vergleich dieser Sporthalle mit dem Bauvorhaben in Lörzweiler sich verbiete.

Erstens sei die Schulsporthalle an bestehende Infrastruktur wie Heiztechnik angebunden worden, dafür fielen geringe Kosten an. Zweitens seien die Bauauflagen für eine Sporthalle deutlich geringer als für eine Mehrzweckhalle, wie sie Lörzweiler braucht. Und drittens sei die Halle zu einem – im wahrsten Sinne des Wortes – günstigen Zeitpunkt geplant und errichtet worden. Für den Neubau in Lörzweiler trifft keiner dieser Punkte zu.

Deshalb habe man sich zur Planung einer Zwei-Feld-Halle mit Nebenräumen entschieden, so Ortsbürgermeister Christ. Für einen eventuellen höheren Bedarf in der Zukunft will sich die Gemeinde wappnen, ohne schon heute unnötig groß zu bauen. Die Zwei-Feld-Halle soll anbaufähig werden. Der Steuerzahlerbund kann diese Idee nur loben. Statt heute weit über Bedarf zu bauen, will die Gemeinde eine bedarfsgerechte Halle errichten, die leicht zu erweitern ist.

Lange planen, günstig bauen

Überhaupt achtet die Verbandsgemeinde auf die Wirtschaftlichkeit, versichert Bau-Fachbereichsleiter Schnurpfeil dem BdSt. Eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung (WU) werde erstellt. Somit vergewissern sich die Kommunen, dass finanziell nachhaltig gebaut werde und es entstehe kein Zeitverlust, wenn Landeszuweisungen beantragt werden. Dann verlange das Land nämlich regelmäßig eine WU. Die WU berücksichtige die Lebenszykluskosten der betrachteten Planvarianten, wie Schnurpfeil auf BdSt-Nachfrage bestätigte. Die Lebenszykluskosten enthalten alle Kosten von Bau über Betrieb bis Abriss.

Verbandsbürgermeister Scheurer gab zu, die Planungen dauern lange. Man plane sorgfältig, damit es während des Bauens nicht mehr zu teuren Änderungen komme. Der BdSt hält dieses Vorgehen ganz im Sinne der Steuerzahler, denn Planänderungen nach Baubeginn sind ein Hauptfaktor für Kostenexplosionen. Gut Ding will nicht nur Weile haben, sondern auch eine abschließende Planung.

Einsparmöglichkeiten nutzen

Ganz im Sinne der Bürger ist auch, dass Lörzweiler nicht vorhat, für den Hallenneubau die Grundsteuern zu erhöhen. Das versichert Ortsbürgermeister Christ. Die Gemeinde sei schuldenfrei, der Haushalt ohne Kredite ausgeglichen. Für den Hallenneubau müsse man aber ein Darlehen aufnehmen – selbstverständlich werde ein Kreditplan aufgestellt, versichern Scheurer und Christ einhellig.

Einsparungen beim Bau und Betrieb werden aktiv vom Planungsbüro gefordert. Dies ist bereits in der Ausschreibung der Planung der Mehrzweckhalle vorgesehen. Lörzweiler wolle keinen Luxus, sondern angemessenen Standard. Sparen könne man bspw. vermutlich an einer Verkleidung der Lüftungsanlage, die direkt unter der Decke hänge. „Die technischen Anlagen offen zu zeigen, ist ja ohnehin modern“, so Schnurpfeil. Lörzweilers Bürgermeister Christ wiederum verwies auf das ehrenamtliche Engagement der Bürger. Schon beim Gemeindezentrum arbeiteten Bürger freiwillig mit, um die Kosten zu senken. Er sei sich sicher, auch bei der Mehrzweckhalle würden wieder viele helfen. Besonders bei der Gestaltung der Außenanlage kann der BdSt sich das gut vorstellen.

BdSt-Fazit:

Die Verbandsgemeinde Bodenheim und die Ortsgemeinde Lörzweiler gehen den Bau der Mehrzweckhalle richtig an: erst den Bedarf ermitteln, dann sorgfältig verwaltungsintern planen und  bereits vom Planungsbüro günstiges Bauen einfordern. Gegenüber der Öffentlichkeit sind die Beteiligten transparent, um Fragen und ggf. Probleme schon im Vorfeld zu lösen.

Der Steuerzahlerbund konnte den Hinweisgeber beruhigen. Es liegt keine Steuergeldverschwendung vor und nichts deutet augenblicklich darauf hin, dass die neue Lörzweiler Mehrzweckhalle zur Verschwendung wird. Vielmehr hat sich das Handeln der öffentlichen Verwaltung bislang als vorbildlich herausgestellt.

Foto: Ortsgemeinde Lörzweiler

Fanden Sie diesen Artikel interessant? Unser Wirtschaftsmagazin „Der Steuerzahler“ informiert regelmäßig über aktuelle Themen, Steuertipps und Steuerurteile. Sparen Sie auch bares Geld mit unseren Ratgebern und Broschüren zu Steuerthemen sowie mit Rabatten aus dem BdSt-Sparerpaket. Informieren Sie sich HIER über die vielfältigen Vorteile einer Mitgliedschaft und treten Sie noch heute einer starken Gemeinschaft von Steuerzahlern bei.