01.12.2015

Mainz saniert im großen Stil

Über 110 Mio. Euro für Sanierung von Rathaus und Schloss in Mainz

Die Diskussion um die Sanierung des Mainzer Rathauses hat eine überraschende Wendung genommen. Lagen die geschätzten Kosten zuletzt noch bei rund 65 Mio. Euro sollen diese laut Stadtspitze nun auf 50 Mio. Euro gedeckelt werden. Ferner wurde in einer Machbarkeitsstudie die Idee geprüft, das Rathaus in das Kurfürstliche Schloss unterzubringen – allerdings sei dies nicht praktikabel. Stattdessen soll das Schloss für etwa 65 Mio. Euro als Tagungs- und Veranstaltungsort saniert und hergerichtet werden.

Oberbürgermeister Michael Ebling begründete den Kostendeckel von 50 Mio. Euro mit Sparzwängen und der in 2017 anstehenden Sanierung des Kurfürstlichen Schlosses. Den vergangenen Ideenwettbewerb zur Neugestaltung des Rathauses sieht Ebling mittlerweile als Fehler an, da dieser nicht erfüllbare Begehrlichkeiten geweckt habe. Nötig seien ein dichtes Dach, trockene Räume, neue Fenster sowie eine bessere Lüftung und Technik. Diese neue Politik der Sparsamkeit begrüßt der BdSt vom Grundsatz her. Sie zeugt von größerer Einsicht als bei der anstehenden Sanierung des Landtages, bei der bislang kein Kostendeckel vorgesehen ist. Doch ist die Sanierung des maroden Arne-Jacobsen-Baus wirklich die kosteneffizienteste Lösung?

Eine Alternative zur Rathaussanierung wurde in einer aktuellen Machbarkeitsstudie geprüft, nämlich die Verlegung in das Kurfürstliche Schloss verbunden mit einem nahe gelegenen Verwaltungsneubau. Diese Idee hatte die CDU-Opposition im Stadtrat. Doch damit sind laut Gutachter eine Reihe von Problemen verbunden. So könnten nur rund 30 Prozent der erforderlichen Flächen und Funktionen im Schloss untergebracht werden. Das sei zu wenig. Zum Vergleich: Das Rathaus hat eine Nutzfläche von ca. 13.600 qm und beinhaltet 350 Arbeitsstellen, dagegen hätte das Schloss nur etwa 4.150 qm und würde Platz für bis zu 81 Arbeitsstellen bieten. Ferner würde beim Schloss eine deutliche Veränderung der Gebäudestruktur notwendig sein, die aber zu Konflikten mit dem Denkmalschutz führen würde. Selbst das Kostenargument spricht gegen diese Alternative. Denn die Kosten für die Schlossumnutzung und den Verwaltungsneubau werden zusammen auf rund 100 Mio. Euro geschätzt.

Ein weiteres Problem wäre die Nachnutzung des dann leerstehenden Arne-Jacobsen-Baus. Die CDU-Stadtratsfraktion hatte hierbei eine Umwandlung zum Hotel durch einen privaten Investor angeregt. Das sehen die Gutachter jedoch skeptisch. So wird vermutet, dass die Denkmalschutzbehörde einer Hotelkonversion nicht zustimmen würde und ein Hotel für den Investor auch nicht wirtschaftlich wäre. Denn es wäre dann am Investor, die hohen Sanierungskosten zu tragen. Aus diesen Gründen will die Stadtspitze auch von einer Vermarktung des Rathauses absehen.

Für das Kurfürstliche Schloss – die „Gut Stubb vun Meenz“ – verfolgt der Oberbürgermeister eine andere Planung. Aufgrund seines Ambientes, Zuschnitts und Lage soll es verstärkt für Tagungen, Veranstaltungen und Seminare genutzt werden. Der Sanierungsaufwand ist jedoch sehr hoch, da die Stadt auch hier die Instandhaltung jahrelang sträflich vernachlässigt hat. Teilflächen mussten bereits abgesperrt werden. Mit der Sanierung und dem Umbau soll die Veranstaltungsfläche des Schlosses von derzeit 2.445 qm auf über 4.300 qm fast verdoppelt werden. Zur besseren Ausnutzung soll in unmittelbarer Nähe des Schlosses durch einen Investor ein neues Hotel errichtet werden. Die gesamten Baumaßnahmen am Schloss sollen grob geschätzt etwa 65 Mio. Euro kosten.

BdSt-Fazit:

Die Schloss-Variante für das Mainzer Rathaus hatte durchaus Charme. Doch dass sie sich konzeptionell schlecht realisieren ließe und auch noch teurer wäre, kommt nicht überraschend. Allerdings wurde ein funktioneller Rathaus-Neubau an anderer Stelle, der Rat und Verwaltung in einem einzigen Gebäude unterbringt, weiterhin nicht ernsthaft geprüft. Dabei ist das die einzig realistische Alternative zur Sanierung des Rathauses. Eine grobe Kostenschätzung von 2013 kam auf etwa 40 Mio. Euro. Der finanzielle Abstand zur auf 50 Mio. Euro gedeckelten Sanierung ist zwar gesunken, aber es ist fraglich, ob mit diesem Kostenrahmen der marode Bau wirklich auf Vordermann gebracht werden kann. Wenn ein Teil der Sanierungsarbeiten nur wieder in die ungewisse Zukunft verschoben wird, hat der Kostendeckel seinen Zweck verfehlt.

Natürlich stellt sich bei der Neubau-Lösung die Frage nach der weiteren Verwendung des Arne-Jacobsen-Baus. Dass wegen der Denkmalschutz-Auflagen und des Sanierungsstaus die Käufer nicht Schlange stehen würden, ist klar. Aber Annahmen und Mutmaßungen sind keine Entschuldigung dafür, nicht einmal den Versuch zu unternehmen! Das Land Rheinland-Pfalz hat es geschafft, den insolventen Nürburgring und Flughafen Zweibrücken zu verkaufen – auch der dauerdefizitäre Flughafen Hahn soll in private Hände gehen. Und da soll sich kein Käufer für den Arne-Jacobsen-Bau finden, der zumindest mit seiner Lage und Bekanntheit in Mainz punkten kann? Es wäre höchste Zeit, dass die Landeshauptstadt einen ehrlichen Varianten-Vergleich zwischen Neubau und Sanierung vornimmt. Außerdem sollte die Stadt einen Ideenwettbewerb für eine alternative Nutzung des Arne-Jacobsen-Baus ausschreiben. Was sich rechnet und was nicht, sollten die Investoren entscheiden. Welche Rathaus-Variante letztlich realisiert werden soll, sollten dann die Bürger bestimmen.