15.05.2015

BdSt im Gespräch mit Doris Ahnen

Doris Ahnen und Rainer Brüderle im Fachgespräch

Neue Finanzministerin trifft auf neuen BdSt-Vorstandsvorsitzenden. Doris Ahnen und Rainer Brüderle kennen sich bereits seit Jahren aus dem politischen Geschäft, doch Ende April trafen sie sich erstmals in ihren neuen Funktionen zum Fachgespräch. Der Stand der Haushaltskonsolidierung, der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst, die Zukunft des Solidaritätszuschlags, die Reform der Erbschaftsteuer und der Abbau der Kalten Progression – an spannenden Themen mangelte es nicht.

Für Finanzministerin Ahnen war das Jahr 2014 in Sachen Haushaltskonsolidierung ein sehr erfolgreiches Jahr. Denn die Nettokreditaufnahme und das strukturelle Defizit fielen erheblich geringer aus als geplant. Für 2014 waren inklusive Landesbetriebe und Pensionsfonds neue Schulden von 1.262 Mio. Euro vorgesehen – tatsächlich fielen diese um rund 509 Mio. Euro niedriger aus. Als Gründe dafür nannte Ahnen insbesondere die konjunkturell bedingten Steuermehreinnahmen und verminderte Zinsausgaben. Bereits diese beiden Posten haben zu 409 Mio. Euro weniger Schulden geführt. Das strukturelle Defizit, bei dem Konjunktureinflüsse neutralisiert werden, lag im Vorjahr bei 387 Mio. Euro. Ursprünglich geplant waren dagegen 716 Mio. Euro.

Auch für die BdSt-Vertreter unter Führung von Rainer Brüderle ist das eine begrüßenswerte Entwicklung. Gemessen am eigenen Abbaupfad hat Rheinland-Pfalz bereits 2014 den geplanten Stand von 2017 erreicht. Für den Steuerzahlerbund bestätigt dies, dass das Erreichen der Schuldenbremse bereits 2018 statt 2020 möglich wäre. Dies sollte auch gesetzlich festgeschrieben werden. Finanzministerin Ahnen versicherte hierbei zwar, dass die Landesregierung es gleichfalls vorzöge, die Schuldenbremse früher einzuhalten, aber wegen verschiedener Risikofaktoren am Termin 2020 festhalten werde. Gerade in den nächsten Jahren rechnet sie mit weiter steigenden Ausgaben für Flüchtlinge, für den kommunalen Finanzausgleich und für die Beamtenpensionen.

Ein weiteres Gesprächsthema war der Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst und dessen Übertragung auf die Landesbeamten. Rückwirkend zum 1. März 2015 werden die Gehälter der Angestellten um 2,1 Prozent steigen. Zum 1. März 2016 folgt eine weitere Erhöhung um 2,3 Prozent. Absolut wird das monatliche Gehaltsplus in 2016 mindestens 75 Euro betragen. Für die Beamten ist eine zeit- und wirkungsgleiche Übertragung geplant. Insgesamt würde das im Landeshaushalt zusätzliche Ausgaben von rund 110 Mio. Euro in 2015 und etwa 220 Mio. Euro in 2016 verursachen. Zur Begründung verwies Finanzministerin Ahnen auf das Versprechen der Landesregierung, die Deckelung der Beamtenbesoldung aufzuheben, wenn die Steuereinnahmen das ermöglichen könnten. Dagegen hätte der Steuerzahlerbund es vorgezogen, die Besoldungsdeckelung wie geplant bis 2016 fortzusetzen.

Meinungsunterschiede gab es auch beim Ende 2019 auslaufenden Solidaritätszuschlag. Dieser beläuft sich auf 5,5 Prozent des Steuerbetrags aus Einkommen-, Kapitalertrag- und Körperschaftsteuer. Der Soli wurde insbesondere mit der speziellen Förderung der neuen Bundesländer begründet. Tatsächlich ist diese Förderung aber seit Jahren rückläufig. Im Jahr 2014 lag das Aufkommen aus dem Soli bei fast 15 Mrd. Euro, davon gingen nur rund 7,4 Mrd. Euro als Bundeszuweisungen in den Osten. Bis 2019 werden die Bundeszuweisungen sogar schrittweise auf 3,6 Mrd. Euro sinken, während die Soli-Einnahmen auf über 18,3, Mrd. Euro steigen werden. Für den BdSt ist daher klar, dass der Solidaritätszuschlag seinen politischen Zweck verloren hat und ersatzlos abgeschafft gehört. Dagegen befürwortet Finanzministerin Ahnen den Vorschlag, den Soli in die Einkommen- und Körperschaftsteuer zu integrieren. Auf das Einkommen kann der Staat ihrer Ansicht nach nicht verzichten, um insbesondere Investitionen in Bildung und Infrastruktur zu gewährleisten.

Mehr Gemeinsamkeiten gab es beim Thema Erbschaftsteuer, die nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes reformiert werden muss. Finanzministerin Ahnen betonte, dass es der Landesregierung weder um einen Systemwechsel noch um eine gezielte Mehrbelastung der Bürger und Unternehmen gehe. Vielmehr geht es um eine rechtssichere Ausgestaltung der Erbschaftsteuer. Für die BdSt-Vertreter ist das eine begrüßenswerte Ankündigung. Gerade der Erhalt der Verschonungsregelungen ist zur Sicherung von Arbeitsplätzen wichtig. Allerdings wäre die ersatzlose Abschaffung der Erbschaftsteuer der bessere Weg. Denn in Deutschland kann nichts vererbt werden, was nicht irgendwie bereits versteuert wurde. Ferner ist der bürokratische Aufwand zur Steuererhebung sehr hoch.

Ein weiteres wichtiges Steuerthema war die Kalte Progression. Durch den progressiven Einkommensteuertarif führen steigende Löhne zu einer überproportional erhöhten Lohnsteuer – selbst bei inflationsbedingten Gehaltserhöhungen. Da es sich um eine Steuerungerechtigkeit handelt, hat der BdSt einen Gesetzentwurf erarbeitet. Mit dem Entwurf werden zwei Ziele verfolgt: Zum einen wird ein neuer Einkommensteuertarif definiert, um die seit der Tarifreform 2010 aufgelaufenen Effekte der Kalten Progression auszugleichen. Zum anderen sieht der Gesetzentwurf einen „Tarif auf Rädern“ vor, damit der Einkommensteuertarif auch ab 2016 regelmäßig an die Inflationsentwicklung angepasst wird. Finanzministerin Ahnen versicherte, dass die Politik dieses Problem im Blick habe, jedoch es derzeit nicht prioritär wäre. Aufgrund der niedrigen Inflation ist der Effekt der Kalten Progression gegenwärtig nicht schwerwiegend.