12.10.2022

Wohnen billiger machen: Grunderwerbsteuer muss sinken

Land erwartet erstmals Aufkommen von mehr als 800 Mio. Euro

Durch steigende Kreditzinsen und hohe Immobilienpreise platzt für viele Bürger der Traum von der eigenen Immobilie. Mit einer niedrigeren Grunderwerbsteuer wäre Betroffenen geholfen. Seit Jahren übersteigt das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer alle Erwartungen – dennoch senkt das Land Rheinland-Pfalz seinen Steuersatz nicht. Vielmehr rechnet es erstmals mit einem Aufkommen von mehr als 800 Mio. Euro.

Wer in Deutschland eine Immobilie kauft, muss Grunderwerbsteuer bezahlen. Ausnahmen bestehen unter anderem für Verkauf von nahen Verwandten in gerader Linie. In Rheinland-Pfalz beträgt der Steuersatz derzeit 5,0 Prozent. Zuletzt erhöht vor rund zehn Jahren: Zum 1. März 2012 stieg der Steuersatz von 3,5 auf 5,0 Prozent. Hingegen verlangen Bayern und Sachsen noch immer 3,5 Prozent der Bemessungsgrundlage. Bemessungsgrundlage ist in der Regel der Kaufpreis abzüglich eventueller mitverkaufter beweglicher Gegenstände wie Küchenzeile oder Möbel, wenn sie im notariellen Kaufvertrag erwähnt und vom Wert her beziffert sind.

Das Aufkommen aus der Grunderwerbsteuer steht den Ländern zu. In Rheinland-Pfalz steigen die Einnahmen seit dem Jahr 2009 unentwegt an. Auffällig ist zudem, dass die tatsächlichen Einnahmen in jedem Jahr höher lagen als die Erwartung. Besonders drastisch war der Unterschied im Jahr 2020. Damals erwartete das Land Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer in Höhe von 503,4 Mio. Euro – tatsächlich erzielte es 673 Mio. Euro, also knapp 170 Mio. Euro mehr. Im vergangenen Jahr 2021 sah die Situation ähnlich aus. Statt 615,7 Mio. Euro vereinnahmte das Land satte 762,7 Mio. Euro. Damit liegt das Ist um 147 Mio. Euro über dem Ansatz.

Für dieses Jahr liegt der Ansatz bei 730,2 Mio. Euro. Sehr wahrscheinlich wird das Ist abermals deutlich darüberliegen. Darauf weisen die Planzahlen hin, die jüngst im Regierungsentwurf zum Doppelhaushalt 2023/2024 veröffentlicht wurden: 2023 erwartet das Land, Grunderwerbsteuer in Höhe von 810,8 Mio. Euro zu vereinnahmen. Damit würde erstmals die Marke von 800 Mio. Euro geknackt. Im Jahr 2024 erwartet die Landesregierung sogar 825,2 Mio. Euro.

Mehrfache Belastung für Immobilienkäufer

In Sonntagsreden preisen Politiker jeder Couleur gerne, wie wichtig ihnen bezahlbares Wohnen ist – und dass Immobilieneigentum ein Baustein ist, die Wohnkosten langfristig niedrig zu halten. Doch vom Reden zum Handeln ist ein weiter Weg, scheint es. Denn die Grunderwerbsteuer zu senken, fand im rheinland-pfälzischen Landtag bislang keine Mehrheit, obwohl sowohl CDU als auch AfD dies in den vergangenen Jahren mehrfach beantragten. Zuletzt lehnte der Landtag im April dieses Jahres einen CDU-Antrag mehrheitlich ab, in dem ein Freibetrag für den Ersterwerb einer selbstgenutzten Wohnung in Höhe von 500.000 Euro gefordert wurde.

Durch steigende Kreditzinsen und hohe Immobilienpreise ist für viele Familien der Traum von der eigenen Immobilie nur noch schwer zu verwirklichen. Vor allem die Grunderwerbsteuer stellt eine große finanzielle Belastung dar.

Erstens senkt die Grunderwerbsteuer das Eigenkapital der kaufwilligen Bürger. Kreditgebende Banken finanzieren die Kaufnebenkosten nicht, darunter auch Notargebühren und Kosten für die Eintragung ins Grundbuch. Vielmehr müssen die Kaufnebenkosten vom Käufer selbst aufgebracht werden – ihr größter Posten ist die Grunderwerbsteuer. Entsprechend sinkt das Eigenkapital.

Zweitens führt das niedrigere Eigenkapital zu einem höheren Kreditbedarf. Regelmäßig ist der Zinssatz höher, je niedriger die Eigenkapitalquote ist, also das Verhältnis zwischen Eigenkapital und Fremdkapital (Kredit). Beides führt zu steigenden Zinslasten. Monat für Monat, Jahr für Jahr verteuert sich der Immobilienkauf durch höhere Kreditzinsen infolge der Grunderwerbsteuer.

Drittens kann die Grunderwerbsteuer dazu führen, dass kaufwillige Familien länger sparen müssen, bis sie das notwendige Eigenkapital zur Verfügung haben. Seit 2015 stieg der Kaufpreisindex um rund sieben Prozentpunkte im Jahr – von 2020 auf 2021 sogar um 16 Prozentpunkte. Durch die hohen Preissteigerungen drohen manche Familien mit dem Sparen nicht mehr hinterherzukommen. Obwohl sie mehr Geld zur Verfügung haben, ist ihre Eigenkapitalquote gefallen – und der Traum von den eigenen vier Wänden ist weiter entfernt denn je.

Viertens gibt es den sogenannten Kaskadeneffekt. Bei jedem Kauf der Wohnung fällt die Grunderwerbsteuer an. In einen späteren Verkauf bezieht der Verkäufer diese in seine Kalkulation mit ein, weswegen er zumeist mehr Geld für seine Immobilie haben will. So steigen die Haus- und Wohnungspreise von Transaktion zu Transaktion, um mindestens die Kaufnebenkosten wieder einzuspielen. Auch dadurch steigt die Grunderwerbsteuer bei späteren Weiterverkäufen.

BdSt-Fazit:

Auf der einen Seite belasten steigende Kreditzinsen und hohe Preise Immobilienkäufer massiv – auf der anderen Seite profitiert das Land, das immer höhere Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer erzielt und erwartet. Frust bei den Bürgern, Jubel beim Land? Das muss nicht sein. Die Grunderwerbsteuer muss endlich sinken!

Am einfachsten geht dies durch einen niedrigeren Steuersatz. Mit 3,5 Prozent würde das Land noch immer genug daran verdienen, wenn sich ihre Bürger – oft sind es junge Familien – den Traum vom Eigenheim erfüllen. Jedes Land kann den Grunderwerbsteuersatz selbst festlegen, es wäre also nur ein Landtagsbeschluss notwendig. Würde hingegen ein Freibetrag eingeführt, z. B. auf den Ersterwerb in Höhe von 500.000 Euro, müsste zunächst eine „Öffnungsklausel“ für die Bundesländer bezüglich der Bemessungsgrundlage geschaffen werden. Egal wie die Belastung durch die Grunderwerbsteuer gesenkt wird – wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg.

BdSt-Mitglieder wissen mehr: Einen ersten Überblick über die Besteuerung von Immobilien gibt der BdSt-Ratgeber Nr. 64 „Haus und Steuern“. Darin werden u. a. die Grunderwerbsteuer erklärt, zudem was bei einer Vermietung steuerlich wichtig wird. Ausführlich und mit geldwerten Tipps informiert das in diesem Jahr neu aufgelegte Taschenbuch „Steuern rund ums Haus“. Beide Publikationen können BdSt-Mitglieder kostenlos bestellen unter Tel. 06131-986 100 oder per E-Mail an info@bdst-rlp.de.

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