13.07.2022

Von 1 Euro bleiben nur 47 Cent

Steuerzahlergedenktag 2022: BdSt fordert, kalte Progression abzubauen

Nach Steuern und Abgaben verbleibt einem durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalt nicht einmal die Hälfte seines Bruttoeinkommens. Dies geht aus Daten des Statistischen Bundesamtes hervor, die das Deutsche Steuerzahlerinstitut des BdSt ausgewertet hat. Trotz einzelner Entlastungen wie der temporären Senkung der Energiesteuer stieg die Belastung im Vergleich zum Vorjahr. Grund dafür sind die massiven Preissteigerungen, durch die auch die Mehrwertsteuer steigt. Wegen der hohen Inflation appelliert der Steuerzahlerbund an die Bundesregierung, endlich die kalte Progression abzubauen.

Der Steuerzahlergedenktag 2022 ist am Mittwoch, den 13. Juli. Ab 11:28 Uhr arbeiten die Bürger wieder für ihr eigenes Portemonnaie. Das gesamte Einkommen, das die Steuer- und Beitragszahler vor diesem Datum erwirtschaftet haben, wurde – rein rechnerisch – durch Steuern und Abgaben an öffentliche Kassen abgeführt. Damit liegt die Einkommensbelastungsquote für einen durchschnittlichen Arbeitnehmer-Haushalt in diesem Jahr bei voraussichtlich 53,0 Prozent. Diese Prognose hat das Deutsche Steuerzahlerinstitut (DSi) auf Basis repräsentativer Haushaltsumfragen des Statistischen Bundesamts vorgelegt. Demnach gehen von jedem verdienten Euro 53 Cent an den Staat – nur 47 Cent bleiben zur freien Verfügung.

Im Vergleich zum Vorjahr ist die Belastung damit um 0,1 Prozentpunkte gestiegen. Ursache dafür ist zum Beispiel die historisch hohe Inflationsrate, die zu steigenden Verbraucherpreisen und somit höherer Belastung durch die Umsatzsteuer führt. Hinzu kommt eine Summe kleinerer Effekte: Im Bereich der Sozialversicherungen ist der Beitragssatz für Kinderlose in der Pflegeversicherung um 0,1 Prozentpunkte gestiegen. Im Vorjahresvergleich sind zudem die CO2-Abgaben auf Kraft- und Heizstoffe um 20 Prozent und die Rundfunkabgabe um 5 Prozent erhöht worden.

Schließlich ist die kalte Progression in diesem Jahr nur unzureichend abgebaut worden – trotz des Steuerentlastungsgesetzes 2022. Auch trotz der beschlossenen Energiepreispauschale, der temporären Senkung der Energiesteuer, der Umfinanzierung der EEG-Umlage und des erhöhten Arbeitnehmer-Pauschbetrags bleibt die Belastung unvermindert hoch!

Der Bund der Steuerzahler bringt es auf den Punkt: Die staatlichen, teils aktionistischen Maßnahmen der Politik gleichen die Belastung höchstens aus – unterm Strich bringen sie den Menschen aber keine strukturelle und langfristige Entlastung.

So hoch ist die Belastung für Singles und Familien

Die von uns prognostizierte Einkommensbelastungsquote von 53,0 Prozent bezieht sich auf den Durchschnitt aller Arbeitnehmer-Haushalte in Deutschland. Das umfasst alle Haushaltskonstellationen von Singles über Alleinerziehende und kinderlose Paare bis hin zu Paaren mit Kindern und sonstigen Mehr-Personen-Haushalten. Wie sieht es hier im Einzelnen aus? Bei den allein lebenden Arbeitnehmern ist die Belastung höher: Im Durchschnitt werden sie mit 53,9 Prozent belastet – ihr Steuerzahlergedenktag fällt erst auf Samstag, den 16. Juli. Der Steuerzahlergedenktag für Mehr-Personen-Haushalte ist bereits am heutigen Dienstag, 12. Juli – hier liegt die Belastungsquote bei 52,8 Prozent. Auch diesen Gruppen bleibt nicht einmal die Hälfte ihres Einkommens zur freien Verfügung.

Unser 3-Punkte-Appell: Das fordert BdSt-Präsident Reiner Holznagel von der Bundesregierung

  1. „Erst recht mit Blick auf die aktuelle Rekordinflation gilt es, die kalte Progression im Einkommensteuerrecht komplett abzubauen – und zwar mit einem ,Tarif auf Rädern‚ und auf der Grundlage aktueller Inflationsprognosen. Der Staat darf nicht zum Inflationsgewinnler werden! Deshalb hat unser Institut den Spitzen der Ampelkoalition und den Fachpolitikern im Bundestag einen konkreten Tarifvorschlag mit den notwendigen Anpassungen unterbreitet.“
  2. „Die drastische Entwicklung bei den Energiepreisen macht vor allem zwei Reformen immer dringlicher: Wir fordern die Absenkung des Stromsteuersatzes und die Reduktion des Mehrwertsteuersatzes auf Heizstoffe.“
  3. „Mein Fazit lautet: Politisches Ziel muss sein, die Belastungsquote unter die 50-Prozent-Marke zu drücken. Ein echter Schritt in diese Richtung ist die von unserem Institut vorgeschlagene Einkommensteuerreform. Wir brauchen eine durchgreifende Reform vor allem zugunsten der Mittelschicht!“

Zum Steuerzahlergedenktag stellt BdSt-Präsident Reiner Holznagel klar:

„Mit Steuern, Abgaben und Zwangsbeiträgen werden wichtige Leistungen für die Bürger finanziert. Selbstverständlich haben sie in der ersten Jahreshälfte nicht umsonst gearbeitet – zum Großteil fließen die Steuer- und Beitragszahlungen in Form von staatlichen Leistungen direkt oder indirekt an die Bürgerinnen und Bürger zurück.

Zugleich legt der Steuerzahlergedenktag in diesem Jahr offen, dass immer noch mehr als die Hälfte des von Arbeitnehmern erwirtschafteten Einkommens staatlich umverteilt und verwaltet wird – trotz aller politischen Entlastungspakete. Wenn also mehr als die Hälfte des persönlichen Einkommens mit Steuern und Abgaben belegt wird, widerspricht dies dem Fairnessgedanken. Somit fordern wir eine Diskussion darüber, ob diese hohe Belastung der Bürger gerechtfertigt ist und ob die zahlreichen Leistungen sowie die Systeme selbst effizient und nachhaltig sind. Hier sehen wir viel Potenzial, um die Einkommensbelastung zu senken, damit die Menschen mehr Geld zur freien Verfügung haben.“

Zum Hintergrund: Der Steuerzahlergedenktag

Im Rahmen der „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ (LWR) erhebt das Statistische Bundesamt regelmäßig, detailliert und anonymisiert die Einnahmen und Ausgaben ausgewählter Privathaushalte. Die amtlichen Hochrechnungen dieser Daten liefern ein umfassendes und repräsentatives Bild der wirtschaftlichen Situation der Bürgerinnen und Bürger. Im Zuge einer Kooperation hat das Bundesamt unserem Deutschen Steuerzahlerinstitut (DSi) zudem Sonderauswertungen der „Laufenden Wirtschaftsrechnungen“ zur Verfügung gestellt. Damit ist es möglich, den Steuerzahlergedenktag mithilfe einer soliden Datengrundlage zu kalkulieren. Die jüngste LWR betrifft das Jahr 2020 und ist vom DSi auf das Jahr 2022 hochgerechnet worden.

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