11.05.2022

Erschließungsbeiträge verjähren nach 20 Jahren

Mehr Rechtssicherheit für Immobilieneigentümer

Auf 20 Jahre hat der rheinland-pfälzische Landtag die Festsetzungsfrist von Beiträgen begrenzt. Die Frist beginnt nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat. Bedeutend ist diese Änderung im Kommunalabgabengesetz vor allem für Erschließungsbeiträge und Straßenausbaubeiträge. Die Gesetzesänderung wurde vom Bundesverfassungsgericht verlangt.

Beiträge wie Erschließungs- oder Straßenausbaubeiträge dürfen in Rheinland-Pfalz nur innerhalb von 20 Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die Vorteilslage eintrat, festgesetzt werden. Rücksicht auf die Entstehung der Beitragsschuld muss nicht genommen werden. Für Beiträge, die nach dem 31. Dezember 2023 verjährt wären, wurde eine Übergangsfrist gewährt. Sie verjähren erst mit Ablauf des 31. Juli 2024. Dies hat der Landtag beschlossen, nachdem im November 2021 das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die bisherige Rechtslage als verfassungswidrig bezeichnet hatte (Az. 1 BvL 1/19).

Bislang war es Kommunen möglich, Beiträge praktisch unbefristet festzusetzen. In der Praxis traf dies vor allem auf Erschließungsbeiträge und Straßenausbaubeiträge zu. Zwar verjähren diese Beiträge vier Jahre nach Entstehung des Abgabeanspruchs. Allerdings fällt der Abgabeanspruch nicht zwangsläufig mit dem Eintritt der Vorteilslage zusammen. Vielmehr können Bürger mitunter gar nicht feststellen, wann der Abgabeanspruch entstanden ist.

Bei Erschließungsbeiträgen entsteht der kommunale Anspruch regelmäßig durch die förmliche Widmung der Straße. Jedoch können die meisten Straßen schon vor ihrer Widmung genutzt werden. Die tatsächliche Nutzbarkeit ist ein Indiz dafür, dass bei Erschließungs- und Straßenausbaubeiträgen die Vorteilslage eingetreten ist. Allgemein setzt der Begriff Vorteilslage an rein tatsächliche, für den möglichen Beitragsschuldner erkennbare Gegebenheiten an und nicht an rechtliche Entstehungsvoraussetzungen wie eine Widmung, Klageverfahren der Gemeinde mit Auftragnehmern oder dass alle Rechnungen zu einer Maßnahme bei der Verwaltung eingegangen sind.

Gemeinde forderte Erschließungsbeitrag nach 25 Jahren

Für Beiträge zu Erschließungs- oder Straßenausbaumaßnahmen ist die Gesetzesänderung besonders relevant. Denn vor allem diese Beiträge wurden mitunter erst nach Jahrzehnten von Städten und Gemeinden eingetrieben. Manche Hauseigentümer waren von den plötzlichen Forderungen in mitunter fünf- oder sechsstelliger Höhe überrascht.

Ein solcher Fall lag dem BVerfG-Beschluss zugrunde, der zu der Gesetzesänderung führte. Dort wollte eine Gemeinde im Jahr 2011 Erschließungsbeiträge für eine 1985/1986 gebaute Straße erheben. Zu spät – befanden die höchsten deutschen Richter und gaben der Landespolitik auf den Weg, bis zum 31. Juli 2022 eine konkrete Verjährungsfrist gesetzlich festzuschreiben. Bereits Bayern, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen haben in ihren Kommunalabgabengesetzen eine 20-jährige Frist festgelegt.

Bedeutsam im Zuge der WKB-Reform

Ab dem Jahr 2024 dürfen in Rheinland-Pfalz grundsätzlich nur noch wiederkehrende Straßenausbaubeiträge (WKB) erhoben werden. Bis dahin müssen die Städte und Gemeinden ihre Satzungen umgestellt haben. WKB dürfen nur für Grundstücke an gewidmeten Straßen erhoben werden. Für eine einigermaßen gerechte Beitragserhebung ist es daher wesentlich, dass nutzbare Straßen gewidmet sind. Insofern ist im Zuge der WKB-Reform verstärkt mit Widmungen bereits seit langer Zeit genutzter Straßen zu rechnen. Dann werden jahrealte Erschließungsbeiträge fällig – in überalten Fällen wird die neue Regelung für den Bürger überraschende Beitragspflichten verhindern.

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