10.03.2017

Schwarze Null ist bereits 2018 erreichbar!

BdSt zeigt Sparvolumen von über 500 Millionen Euro auf

Die schwarze Null ist in Rheinland-Pfalz bereits im Jahr 2018 problemlos zu erreichen – das zeigt der Bund der Steuerzahler mit 40 Sparvorschlägen für den Doppelhaushalt 2017/2018. Insgesamt beläuft sich das mögliche Sparvolumen auf über 500 Mio. Euro, wodurch in 2018 sogar ein großer Überschuss erzielt werden könnte. Mit dem Überschuss könnte der hohe Schuldenberg etwas abgebaut, erste werthaltige Zuführungen an den Pensionsfonds geleistet und/oder zusätzliche Mittel für die Polizei, Schulen und den Straßenbau bereitgestellt werden.

„Der Beschluss des Landtages zum Doppelhaushalt 2017/2018 naht. Doch die Ampel-Fraktionen wollen die historische Möglichkeit zum Beschluss der schwarzen Null leider nicht ergreifen. Trotz bester konjunktureller Rahmenbedingungen sollen in 2017/2018 zusammen 345 Mio. Euro an neuen Schulden aufgenommen werden“, kritisiert Rainer Brüderle, Präsident des Bundes der Steuerzahler Rheinland-Pfalz.

Im Laufe der Haushaltsberatungen hat der Steuerzahlerbund das Gespräch mit allen Fraktionen gesucht, um seine Sparvorschläge vorzustellen, aber auch um Anregungen zu erhalten. Gleichfalls wurden die Ministerien um Erklärung zu den Hintergründen vieler Haushaltsstelle gebeten – doch abgesehen vom Umweltministerium und vom Sozialministerium verweigerten alle Adressaten die Antwort. „Der Respekt vor dem Parlament verbietet es, einzelne Haushaltsstelle als gegeben zu betrachten. Doch der Respekt verhindert nicht, die Hintergründe zu den von den Ministerien als geboten empfundene Erhöhungen zu erklären. Einmal mehr erwies sich das Transparenz-Bekenntnis der Landesregierung weitgehend als leeres Versprechen“, bedauert Brüderle.

Insgesamt kommt der Steuerzahlerbund für den Doppelhaushalt 2017/2018 auf 40 Sparvorschläge mit einem Sparvolumen von rund 504 Mio. Euro. Davon entfallen 234 Mio. Euro auf das Jahr 2017 und 270 Mio. Euro auf das Jahr 2018. Damit würde sich für 2018 ein Überschuss von 216 Mio. Euro ergeben. Mit dem großen Überschuss könnten Schulden abgebaut, erste werthaltige Zuführungen an den Pensionsfonds geleistet oder  auch sinnvolle Mehrausgaben finanziert werden, etwa für die Polizei, Schulen und Straßen. „Wir haben den Haushaltsentwurf gründlich durchforstet und haben je nach Haushaltsstelle große wie kleine Sparmöglichkeiten ausgemacht. Steigende Schuldenberge sind kein unabwendbares Schicksal. Es gibt immer Alternativen“, bekräftigt der BdSt-Präsident.

Im Einzelnen zu beispielhaften BdSt-Sparvorschlägen:

I. Personal

Der Steuerzahlerbund setzt sich dafür ein, dass die geplanten Zuführungen von insgesamt 140 Mio. Euro an den Pensionsfonds in 2017/2018 komplett gestrichen werden (Haushaltsstelle 20 04 – 861 01). Angesichts des Urteils des Verfassungsgerichtshofes zur teilweisen Verfassungswidrigkeit des Pensionsfonds und wegen der fehlenden Nachhaltigkeit einer kreditfinanzierten „Vorsorge“, die weitgehend aus Landesschuldverschreibungen besteht, ist dies ein konsequenter Schritt. Der Pensionsfonds darf nicht länger ein Instrument zur Umgehung der alten und neuen Schuldenbremse sein.

Für Personalmehrausgaben aus Tariferhöhungen, Anpassungen der Besoldung und die Versorgung von Pensionären (Haushaltsstelle 20 02 – 461 01) stehen noch Haushaltsreste von rund 135 Mio. Euro zur Verfügung. Das ist mehr als das geplante Soll 2017 im Regierungsentwurf in Höhe von 129,1 Mio. Euro. Deswegen könne der Posten nach Ansicht des BdSt zumindest für das Jahr 2017 auf null gesetzt werden.

Bezüglich der Übertragung des Tarifabschlusses für den öffentlichen Dienst der Länder auf die Beamtenschaft weist der Steuerzahlerbund darauf hin, dass Beamte anders als die Angestellten keine Sozialversicherungsabgaben zu leisten haben und daher eine 1:1-Übertragung finanzpolitisch nicht zu vertreten wäre. Eine um die fehlenden Sozialversicherungsabgaben reduzierte Übertragung des Tarifabschlusses könnte im Landeshaushalt alleine in 2018 rund 42 Mio. Euro einsparen (Haushaltsstelle 20 02 – 461 01).

II. Arbeit, Soziales und Jugend

Deutschland wie Rheinland-Pfalz befinden sich in einer guten konjunkturellen Lage – der Arbeitsmarkt brummt. Deswegen ist es für den BdSt unverständlich, wieso die Ausgaben für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (Haushaltsstelle 06 02 – 684 19) dennoch auf fast 11 Mio. Euro pro Jahr ansteigen sollen. Stattdessen schlägt die Steuerzahler-Organisation eine Reduzierung auf jeweils 9 Mio. Euro vor. Das würde insgesamt über 3,5 Mio. Euro in 2017/2018 einsparen. Abhängig von der weiteren Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt könnten die Ansätze weiter verringert oder nötigenfalls wieder erhöht werden.

Wiederholt hat der Steuerzahlerbund die komplette Beitragsfreiheit von Kindergärten kritisiert. Dies ist ein Luxus, den sich so in Deutschland nur Rheinland-Pfalz gönnt und den Landeshaushalt jährlich mit über 120 Mio. Euro belastet (Haushaltsstelle 09 03 – 633 07). Der BdSt setzt sich mit Wirkung ab dem Jahr 2018 für die Aufgabe der Beitragsfreiheit und die Wiedereinführung sozial gestaffelter Kita-Gebühren ein, die im kommunalen Ermessen festgesetzt werden.

III. Öffentlichkeitsarbeit & Werbung

Die Landesregierung gibt pro Jahr zweistellige Millionenbeträge für die Öffentlichkeitsarbeit und Werbung aus – sei es in eigener Sache oder für andere Zwecke. Doch gerade diese Ausgaben sind in ihrer Wirkung und ihrem Nutzen oft fragwürdig. Entsprechend müssen sie fortlaufend evaluiert und Steigerungen hinterfragt werden. Beispiele dafür sind die Ausgaben für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit verschiedener Ministerien (Haushaltsstellen 02 01 – 531 01 & 08 01 – 531 02 & 14 01 – 531 02), für die Abhaltung des Rheinland-Pfalz-Tages (Haushaltsstelle 02 01 – 533 12), für das Landespolizeiorchester (mehrere Haushaltsstellen), für Maßnahmen der Ernährungsaufklärung (Haushaltsstelle 14 02 – 533 02), für Maßnahmen zur Stärkung des Bewusstseins für nachhaltigen und effizienten Energieeinsatz (Haushaltsstelle 14 17 – 686 72) sowie für die Erstellung eines Landtags-Pressespiegels (Haushaltsstelle 01 01 – 531 02). Hierbei wendet sich der BdSt insbesondere gegen größere Kostensteigerungen und schlicht überflüssige Ausgaben. Die vorgeschlagenen Kürzungen summieren sich in 2017/2018 auf fast 4,5 Mio. Euro.

IV. Asyl & Integration 

Die Flüchtlingskrise stellt Rheinland-Pfalz vor große Herausforderungen, nicht zuletzt auch von finanzieller Art. Recht und Gesetz müssen bei der Behandlung von Asylanträgen uneingeschränkt Geltung haben. Personen ohne Aufenthaltserlaubnis müssen daher konsequent abgeschoben werden. Einen wichtigen Spezialfall bilden hierbei die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die Sonderrechte genießen und nicht abgeschoben werden. Die große Zunahme solcher Fälle soll laut Regierungsentwurf dazu führen, dass die Ausgaben für die Jugendhilfe für Leistungsberechtigte ohne gewöhnlichen Aufenthalt und für Deutsche im Ausland (Haushaltsstelle 07 04 – 633 03) von 37 Mio. Euro im Jahr 2016 auf über 92 Mio. Euro in 2017 und 86 Mio. Euro in 2018 steigen sollen. Die summierte Steigerung in 2017/2018 entspricht schon fast dem Landesstraßenbau-Etat eines Jahres. Deshalb schließt sich der Steuerzahlerbund dem Vorschlag der CDU-Opposition an, verpflichtende amtsärztliche Untersuchungen zur Altersbestimmung einzuführen, um so einen teuren Missbrauch durch falsche Altersangaben zu verhindern. So könnte eine geschätzte Ersparnis von rund 50 Mio. Euro in 2017/2018 erreicht werden.

Für höchst fragwürdig hält der Steuerzahlerbund die geplante massive Aufstockung der Zuschüsse zur Förderung der Weiterbildung von Menschen mit Migrationshintergrund (Haushaltsstelle 07 03 – 684 08). Die Ausgaben beliefen sich in 2015 auf 413.004 Euro und in 2016 dann auf 800.000 Euro. Für 2017/2018 wird mit jeweils 2,8 Mio. Euro geplant – also eine Versiebenfachung der Mittel in nur zwei Jahren. Hier schlägt der BdSt eine Reduktion auf eine Mio. Euro vor, was immer noch 25 Prozent mehr ist, als für das Jahr 2016 geplant wurde. Auch vor dem Hintergrund, dass über die Hälfte der Menschen mit Migrationshintergrund deutsche Staatsbürger sind und die meisten Flüchtlinge gemessen an gesetzlichen Bestimmungen wohl keine Bleibeperspektive haben dürften. Ferner gelten die geplanten Zuschüsse generell Maßnahmen der persönlichen, kulturellen, beruflichen und gesellschaftspolitischen Weiterbildung. Der BdSt hält dagegen eine Konzentration auf die Sprach- und Berufsbildung für geboten.

Die Flüchtlingskrise ist für Rheinland-Pfalz eine sehr kostspielige Angelegenheit. Deswegen sollte es eigentlich selbstverständlich sein, gerade unnötige Maßnahmen zu unterlassen. Zu solch überflüssigen Ausgaben gehören nach Ansicht des BdSt jene für ein freiwilliges ökologisches Jahr für Schutzsuchende (Haushaltsstelle 14 02 – 681 02). Hierbei werden in 2017/2018 für 143.000 Euro pro Jahr bis zu zehn Teilnehmerplätze finanziert.

V. Placebo-Politik & Doppelstrukturen

Für die Landespolitik in Rheinland-Pfalz ist es eine Selbstverständlichkeit, in vielfältigen Bereichen tätig zu werden und öffentlichkeitswirksam auf ihr Engagement hinzuweisen. So gibt es aber auch viele Fälle, in denen die Ausgabenhöhe wohl nicht einmal theoretisch einen nennenswerten Beitrag zum angestrebten Ziel bieten kann. Das kritisiert der Steuerzahlerbund als Placebo-Politik. Beispiele hierfür sind die Werbung für das Land Rheinland-Pfalz mit je 25.000 Euro in 2017/2018 (Haushaltsstelle 02 01 – 536 01), die Zuschüsse für Maßnahmen und zur Förderung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes mit je 47.000 Euro (Haushaltsstelle 07 02 – 684 01), Maßnahmen zur Förderung der interkulturellen Öffnung mit je 38.700 Euro (Haushaltsstelle 07 02 – 686 03), die Qualifizierung von Unternehmerinnen und weiblichen Fachkräften im ländlichen Raum mit je 39.200 Euro (Haushaltsstelle 08 01 – 533 03), die Förderung der Demokratieerziehung und Menschenrechtsbildung in Kindertagesstätten mit je 65.000 Euro (Haushaltsstelle 09 03 – 684 35), die Zuschüsse für laufende Zwecke zur Steigerung der Energieeffizienz an private Unternehmen mit je 50.000 Euro (Haushaltsstelle 14 17 – 683 72) sowie die Zuschüsse zur Förderung der Inklusion in der Weiterbildung mit je 30.000 Euro (Haushaltsstelle 15 40 – 684 11). In solchen Fällen ist es laut Steuerzahlerbund besser, die geringen Ansätze gleich komplett zu streichen.

Wiederholt wurde das Land auch mit größerem finanziellen Einsatz in Bereichen aktiv, in denen es längst private oder andere staatliche Akteure gibt. In diesem Fall wurden teure Doppelstrukturen aufgebaut, die an sich verzichtbar wären. Beispiele dafür sind nach Ansicht des Steuerzahlerbundes die Landesenergieagentur (Haushaltsstelle 14 17 – 682 72), die Friedensakademie (Haushaltsstelle 15 02 – 685 26) und das Rheinland-Pfalz-Kompetenzzentrum für Klimawandelfolgen (Haushaltsstelle 14 16 – TGr. 73). Die Abwicklung aller drei genannten Institutionen zum Jahr 2018 könnte jährlich rund 4,4 Mio. Euro einsparen. 

Die vollständige Liste aller BdSt-Sparvorschläge mitsamt den jeweiligen Bewertungen und Begründungen können Sie HIER herunterladen. Für einen Ausdruck wird das Format A3 empfohlen.

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