10.06.2016

Gute Show, aber leere Kassen? Hoher Theaterzuschuss

118 Euro Steuergeld für jeden Theaterbesuch - gute Show bei leeren Kassen

Kultur gibt es nicht zum Nulltarif, Theater erst recht nicht. Doch sollte ein Theaterbesuch in Rheinland-Pfalz wirklich mit bis 172 Euro bezuschusst werden? Eine Auswertung der Theaterstatistik 2013/2014 des Deutschen Bühnenvereins durch den Steuerzahlerbund offenbart bedenkliche Ergebnisse. Fest steht: Theater in öffentlicher Hand müssen endlich wirtschaftlicher arbeiten.

In der Spielzeit 2013/2014 besuchten über 35 Mio. Zuschauer die Theater und Orchester in ganz Deutschland. Das gab der Deutsche Bühnenverein in seiner bundesweiten Theaterstatistik an. In der Statistik sind auch sechs Theaterunternehmen in öffentlicher Hand aus Rheinland-Pfalz zu finden: das Staatstheater Mainz, das Theater Koblenz, das Pfalztheater in Kaiserslautern, das Theater Trier, die Landesbühne Rheinland-Pfalz in Neuwied und die Städtische Bühne Lahnstein. Für diese Theater wurden in der Spielzeit zusammen rund 64 Mio. Euro an Zuweisungen und Zuschüssen durch das Land Rheinland-Pfalz und die jeweiligen Städte ausgegeben – bei rund 543.000 Besuchen an den Standorten. Damit wurde jeder Theaterbesuch durchschnittlich mit 118 Euro an Steuergeld subventioniert! Dagegen lag der durchschnittliche Erlös je Besucher bei mageren 18 Euro. Allerdings offenbaren sich bei der Einzelbetrachtung große Unterschiede.

Staatstheater Mainz

Prunkstück unter den Theatern in Rheinland-Pfalz ist wohl das Staatstheater Mainz in der Landeshauptstadt. Das Staatstheater ist als GmbH organisiert, die sowohl vom Land als auch von der Landeshauptstadt getragen wird. Das Theater bot mit 525 Aufführungen die meisten Veranstaltungen aller Bühnen im Land. Besonders viele Besucher konnte das Schauspiel mit 65.600 Zuschauern verbuchen. Die Gesamtbesucherzahl lag bei fast 192.000. Trotz absolut hoher Besucherzahlen sieht die Wirtschaftlichkeit alles andere als gut aus. Auf jeden Besucher entfiel ein durchschnittlicher Erlös von nur 15 Euro, aber ein Betriebszuschuss von 127 Euro. Mit einem Kostendeckungsgrad von 10,7 Prozent ist das Staatstheater Mainz das wirtschaftsschwächste der betrachteten Theater in Rheinland-Pfalz. Das Land bezuschusste das Staatstheater mit knapp 11 Mio. Euro und die Stadt Mainz mit weiteren rund 12 Mio. Euro. Als hätten es öffentliche Theater nicht schon schwer genug, kommt hier auch noch die nahe Konkurrenz in Form des Hessischen Staatstheaters im benachbarten Wiesbaden dazu.

Theater Koblenz

Das Theater Koblenz ist mit 1.918 baukonzeptionell vorhandenen Sitzplätzen das größte Theater in Rheinland-Pfalz. Auf je 1.000 Einwohner kommen 29 Plätze – auch hier ein Rekordwert. Das Mehrspartenhaus besitzt ein eigenes Ensemble für Schauspiel, Ballett und Musiktheater. Der Träger des Theaters ist die Stadt Koblenz. In der Spielzeit 2013/2014 gab es 270 Veranstaltungen, die von knapp 85.000 Gästen besucht wurden. In Koblenz lag der Betriebszuschuss pro Theaterbesucher sogar bei 151 Euro und der durchschnittliche Erlös bei 19 Euro. Auch hier war der Kostendeckungsgrad mit 11,3 Prozent sehr niedrig. Eine Erklärung dafür könnte die Personalstruktur sein. Das Theater beschäftigt 209 Mitarbeiter, davon 98 im künstlerischen Bereich. Der Anteil der Personalkosten an den Gesamtkosten liegt bei 86 Prozent – der Höchstwert unter den betrachteten Theatern. Land und Stadt förderten das Theater zusammen mit 12,8 Mio. Euro.

Pfalztheater in Kaiserslautern

Das Pfalztheater in Kaiserslautern ist in Sachen Mitarbeiterzahl ein Theater der Superlative. Ganze 325 Personen werden dort beschäftigt, davon 176 im künstlerischen Bereich. Damit kann noch nicht einmal das Staatstheater Mainz mithalten. Der Personalkostenanteil an den Gesamtkosten liegt dennoch „nur“ bei 77 Prozent. Interessant ist auch, dass das Theater mit über 101.000 Zuschauern sogar mehr Besucher verzeichnete, als die Stadt Kaiserslautern Einwohner hat. Das spricht jedenfalls für ein vergleichsweise hohes Interesse. Das Mehrspartenhaus (Schauspiel, Operette, Oper, Musical, Ballett, Konzert, Theater) hatte mit 485 Veranstaltungen nach dem Staatstheater die meisten Vorstellungen. Mit über 16 Mio. Euro hat das Pfalztheater die Steuerzahler aber auch am zweitmeisten gekostet. Der Kostendeckungsgrad von 12,1 Prozent lässt hier gewaltig zu wünschen übrig. Der Betriebszuschuss je Besucher lag bei 171 Euro – trauriger Rekord unter den Theatern in Rheinland-Pfalz. Dagegen lag der durchschnittliche Erlös je Besucher bei nur 25 Euro.

Theater Trier

Das Theater Trier ist ein Dreispartentheater mit Musiktheater, Schauspiel und Ballett. Träger ist die Stadt Trier. Allerdings befindet es sich baulich in keinem guten Zustand. Böse Zungen spotteten schon mit dem Slogan „zu klein, zu alt, zu marode“. Dennoch wurden 374 Veranstaltungen angeboten, die von gut 103.000 Kulturfreunden besucht wurden. Mit 13,3 Prozent weist auch das Theater Trier eine mangelnde Kostendeckung auf. Jeder Besuch musste durchschnittlich mit 121 Euro subventioniert werden, brachte aber nur 19 Euro ein. Land und Stadt war das Theater jeweils rund 5,8 Mio. Euro wert. Vom Deutschen Kulturrat wurde das Theater Trier übrigens schon 2013 auf die Rote Liste Kultur gesetzt und als von der Schließung bedroht eingestuft. Wie es weitergehen soll, ist noch unklar. Die Neubau-Lösung hätte mindestens 55 Mio. Euro gekostet und ist deshalb vom Tisch. Eine Sanierung im Bestand würde nach grober Schätzung etwa 20 Mio. Euro verschlingen. Ebenso denkbar wäre aber auch eine dauerhafte Schließung des Theaters.

Landesbühne Rheinland-Pfalz

Die Landesbühne Rheinland-Pfalz hat ihren Hauptsitz im Schlosstheater in Neuwied, gibt aber auch zahlreiche Gastspiele in ganz Rheinland-Pfalz. So erfolgten 185 Veranstaltungen in Neuwied und 160 auswärtige Gastspiele. Zusammen kam man so auf über 77.000 Besucher. Eine weitere Besonderheit ist, dass die Landesbühne kein festes Ensemble hat, sondern mit wechselnden Gastschauspielern arbeitet. Das hält die Personalkosten offenbar niedrig – deren Anteil an den Gesamtkosten liegt bei 59 Prozent. Insofern ist das der geringste Wert im Theater-Vergleich. Außerdem weist die Landesbühne die mit Abstand beste Wirtschaftlichkeit auf. Zwar liegt der durchschnittliche Erlös je Besucher nur bei 13 Euro, dafür ist Betriebszuschuss mit 9 Euro je Besucher unglaublich gering. Der Kostendeckungsgrad liegt bei 59 Prozent. Und mit 737.000 Euro an Zuweisungen und Zuschüssen ist die Landesbühne für die Steuerzahler geradezu ein Schnäppchen – verglichen zu den millionenschweren Theatern in Rheinland-Pfalz.

Städtische Bühne Lahnstein

Obwohl Lahnstein (Rhein-Lahn-Kreis) nur eine Stadt mit über 17.000 Einwohnern ist, leistet sie sich ein eigenes Theater. Die Städtische Bühne Lahnstein befindet sich im Nassau-Sporkenburger Hof und wurde erst 1998 eröffnet. In der Spielzeit 2013/2014 wurden 169 Veranstaltungen abgehalten, die von 15.700 Kulturfreunden besucht wurden – statistisch gesehen also von fast der ganzen Stadt. Bezüglich der durchschnittlichen Erlöse, des Betriebszuschusses und des Kostendeckungsgrades hat die Stadt jedoch keine Angaben gemacht. Insofern ist es fraglich, wie wirtschaftlich das Kulturangebot wirklich ist.

BdSt Fazit:

Geht es nach den vorliegenden Zahlen, so scheint der kostendeckende Betrieb eines Theaters in öffentlicher Hand geradezu eine Unmöglichkeit zu sein. Doch selbst wenn man einen Zuschussbedarf prinzipiell zugesteht, zeigen die Zahlen ebenso, dass die Wirtschaftlichkeit abhängig von der Struktur, dem Konzept und dem Umfeld unterschiedlich ausfällt. Möglichkeiten zur Erhöhung der Einnahmen und zur Reduzierung der Kosten gibt es. Bei den Einnahmen stellt sich zuerst die Frage nach den Kartenpreisen. Der lag bei den untersuchten Theatern zwischen 7 und 55 Euro. Wer Theater genießen will, sollte auch bereit sein, dafür angemessen zu zahlen. Ebenso stellt sich die Frage nach der Art des Veranstaltungsangebotes. Was den Künstlern gefällt, aber beim Publikum floppt, sollte tunlichst vermieden werden. Künstlerische Freiheit ist schön und gut – solange die Steuerzahler nicht dafür aufkommen müssen. Nach Möglichkeit sollten zudem private Förderer stärker angesprochen werden. Eine wichtige Maßnahme zur Kostensenkung ist dagegen die Vergabe nichtkünstlerischer Tätigkeiten an externe Dienstleister, z.B. bei der Reinigung und Garderobe. Wo es möglich ist, sollte es zu Kooperationen und Aufgabenteilungen unter den Theatern kommen. Unwirtschaftliche doppelte Sparten könnten dann aufgegeben werden. Gerade im Bereich Mainz-Wiesbaden würde sich das anbieten. Dennoch muss sich die Politik auch ehrlich die Frage stellen, ob tatsächlich alle defizitären Theater erhalten werden können. So wäre die Stadt Trier gut beraten, ihr marodes Theater ersatzlos abzuwickeln.

Bild: Fotolia – Branko Srot

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