29.03.2018

Starkes kommunales Personalwachstum

Vergleich der 20 größten Städte in Rheinland-Pfalz

Über 50.000 Beschäftigte weisen die Kommunen in Rheinland-Pfalz in ihren Kernhaushalten auf. Die summierten Personalausgaben lagen 2016 bei fast 2,5 Mrd. Euro – ein Plus von satten 47 Prozent in nur zehn Jahren. Neben Tarifsteigerungen ist auch ein starker Stellenaufwuchs hauptsächlich dafür verantwortlich. Dennoch lassen sich im Vergleich enorme Unterschiede zwischen den Städten feststellen.

In Rheinland-Pfalz gehören die Kommunen mit zu den größten Arbeitgebern im Land. Entsprechend ist die Entwicklung der Personalstärke und -ausgaben für deren Haushaltslage von hoher Bedeutung. Die Kommunen haben vielfältige Aufgaben zu erledigen – sei es, weil sie per Gesetz dazu verpflichtet sind, oder sei es, weil sie diese aufgrund eigener Entscheidung freiwillig erledigen. Im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung genießen sie dabei große Freiheit, wie diese Aufgaben organisiert und erledigt werden können.

Der Steuerzahlerbund hat die kommunale Personalentwicklung der 20 größten Städte in Rheinland-Pfalz für den Zeitraum 2006 bis 2016 auf Basis der Daten des Statistischen Landesamtes untersucht. Gleichfalls wurden alle Städte um Stellungnahmen und Erklärungen gebeten. Beispielsweise können die Ausgliederung kommunaler Aufgaben auf stadteigene Gesellschaften oder die starke Inanspruchnahme privater Dienstleister die auf die Kernhaushalte bezogenen Vergleichszahlen verbessern. Dies trifft häufig auf die Müllabfuhr, das Gebäudemanagement, die Grünflächenunterhaltung und den Bäderbetrieb zu. Ebenso ist das Ausmaß der freiwilligen Ausgaben unterschiedlich und hängt stark vom Wohlstand der Stadt ab.

Personalstärke

Im Jahr 2016 lag die kommunale Gesamtstärke in Rheinland-Pfalz bei 50.410 Beschäftigten, auch nachfolgend stets gerechnet nach sog. Vollzeitäquivalenten. Bezogen auf das Vorjahr entspricht das einem Plus von fast 1.300 Beschäftigten bzw. 2,6 Prozent. Im Zehnjahresvergleich ergibt sich ein Wachstum um etwa 7.800 Beschäftigte (+ 18,3 Prozent). Der Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz alleine, erklärt das massive Stellenwachstum aber nicht. Vielmehr lässt sich bereits ab 2006 ein langsamer aber doch kontinuierlicher Anstieg beobachten. Unter den betrachteten Städten stellt zumeist die Verwaltung den größten Anteil am Personal, gefolgt vom Kita-Bereich.

Von den 20 Städten verzeichnete Bad Kreuznach im Zehnjahresvergleich mit 52,6 Prozent auf 595 Beschäftigte den größten prozentualen Zuwachs. Laut Stadt gab es weder Ausgliederungen noch Rekommunalisierungen wichtiger Aufgabengebiete. Vielmehr verweist sie insbesondere auf die Eingemeindung der kleinen Nachbarstadt Bad Münster am Stein Ebernburg im Jahr 2014 mitsamt der Übernahme des Personals und die Einstellung vieler neuer Kita-Betreuer. Allerdings ist in Bad Kreuznach bereits ein deutlicher Personalzuwachs vor der Eingemeinung und vor dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz zu beobachten.

Den zweithöchsten Anstieg weist die Stadt Bingen mit 40,9 Prozent auf 310 Beschäftigte auf. Bingen erklärt den massiven Personalanstieg insbesondere mit dem Kita-Bereich und der Rekommunalisierung der Reinigung öffentlicher Gebäude. Bis 2016 wurden für die Kitas über 50 neue Mitarbeiter eingestellt und für die Reinigung zusätzliche 20 Stellen geschaffen. Doch auch die zurückliegende Landesgartenschau hat zu einer Personalmehrung von über 13 Stellen im Grün-, Tourismus und Kulturbereich geführt.

Im Gegensatz dazu, baute die Stadt Pirmasens im Zehnjahresvergleich ihr Personal um 12,6 Prozent auf 590 Beschäftigte ab. Wichtige Gründe dafür sind die Ausgliederung des  Abwasserbeseitigungsbetriebs sowie des Wirtschafts- und Servicebetriebs für z.B. Straßenbau, Winterdienst und Verkehrswesen mit zusammen fast 200 Stellen. Dass die effektive Stellensenkung im Ergebnis nicht in demselben Maße stattfand wie die Ausgliederung, liegt insbesondere an den Mehrbedarfen im Kita-Bereich.

Neben Pirmasens gelang es nur noch der Stadt Kaiserslautern ihren Personalbestand im Kernhaushalt zu verringern. Dieser sank von 2006 zu 2016 um 4,8 Prozent auf 1.495 Beschäftigte. Mitverantwortlich waren dafür die Ausgliederung bzw. Privatisierung der Aufgabengebiete Stadtentwässerung, Abfallwirtschaft und Straßenreinigung. Zudem hatte sich die Stadt im Jahr 2011 zum Ziel gesetzt, 100 Stellen bis zum Jahr 2016 zu streichen – dies konnte auch realisiert werden.

Anzahl der Einwohner zu einem Beschäftigten

Diese Kategorie setzt sich damit auseinander, wie viele Einwohner im Durchschnitt auf einen städtischen Mitarbeiter kommen – sei es, um von diesem „betreut“ zu werden oder ihn bezahlen zu müssen. Bezogen auf das Land Rheinland-Pfalz waren es 2016 je kommunalen Beschäftigten 81 Einwohner. Im Jahr 2006 waren es noch 95 Einwohner je Beschäftigten.

Für das Jahr 2016 belegt die Stadt Speyer mit 63 Bürgern zu einem Beschäftigten den letzten Platz. Dabei hatte die Stadt sogar ein externes Unternehmen beauftragt, um die Verwaltungsabläufe und auch den Personaleinsatz zu optimieren. Danach folgen die Städte Trier und Ludwigshafen mit je 66 Einwohnern pro Mitarbeiter. Zumindest für Trier erklärt sich das hauptsächlich damit, dass nahezu alle Aufgaben in der Kernverwaltung wahrgenommen werden.

Ganz anders sieht es in Neuwied aus. Die Stadt verzeichnete im Jahr 2016 zu einem Beschäftigten je 135 Einwohner. Hierbei ist aber zu berücksichtigen, dass es sich bei Neuwied um eine kreisangehörige Stadt handelt. Aufgaben wie die Abfallwirtschaft, weiterführende Schulen und der öffentliche Personennahverkehr übernimmt der Landkreis – und weniger Aufgaben benötigen auch weniger Personal. Die Stadt Landau konnte wiederum als kreisfreie Stadt mit 115 Bürgern zu einem städtischen Mitarbeiter das zweitbeste Ergebnis verzeichnen. Die Hintergründe dafür bleiben jedoch im Dunkeln, weil Landau gegenüber dem BdSt jedwede Auskünfte zu seiner Personalentwicklung verweigert hatte.

Personalausgaben

Die gesamten Personalausgaben der Kommunen in Rheinland-Pfalz lagen im Jahr 2016 bei fast 2,5 Mrd. Euro. In 2006 lag die Ausgabenhöhe noch bei rund 1,7 Mrd. Euro. Somit ergibt sich ein Plus von 47 Prozent. In den vergangenen zehn Jahren betrug die jährliche Tariferhöhung durchschnittlich 2,2 Prozent pro Jahr und die jährliche Besoldungsanpassung lag im Schnitt bei 1,6 Prozent pro Jahr. Dazu kommen noch die Mehrkosten durch das zusätzliche Personal. Beides zusammen erklärt den Großteil der aufgezeigten Ausgabensteigerung. Dazu kommen ferner im unterschiedlichen Maße z.B. allgemeine Stufensteigerungen, erhöhte Beihilfeausgaben und ggf. die Zusatzkosten einer „leistungsorientierten Bezahlung“.

Wenig überraschend konnte keine Stadt im Laufe der Zeit ihre Personalausgaben reduzieren – nicht einmal jene, die im Kernhaushalt ihre Stellenanzahl signifikant reduzieren konnten. In der Stadt Bad Kreuznach fiel das Ausgabenplus mit über 80 Prozent auf rund 28 Mio. Euro am höchsten aus. Angesichts des massiven Stellenwachstums ist dieser Befund aber nur verständlich. Aufgrund der umgekehrten Logik fällt das Ausgabenplus der Stadt Pirmasens von acht Prozent im Zehnjahresvergleich wiederum am geringsten aus.

Allerdings ist die Rangfolge der Städte bei der Entwicklung des Personalbestandes nicht komplett identisch mit jener der Personalausgaben. Es gibt auch deutliche Unterschiede. So belegt etwa die Landeshauptstadt Mainz mit 16,4 Prozent beim Personalwachstum den mittleren Platz 11, aber bei dem Personalausgabenwachstum mit 57,2 Prozent bereits Platz 6. Hierzu gab die Landeshauptstadt neben den allgemein gestiegenen Personalkosten und dem Stellenzuwachs viele Stellenhöherbewertungen aufgrund eines Gutachtens aus dem Jahr 2009 an. Und in der Tat – alleine von 2009 zu 2010 stiegen in Mainz die Personalausgaben um rund 6,4 Mio. Euro (+ 6,8 Prozent) an, obgleich es nur 20 zusätzliche Stellen (+ 0,9 Prozent) gab.

Personalausgaben je Beschäftigten

Interessant sind gleichfalls die durchschnittlichen Personalausgaben je Beschäftigten. Die Spannweite reichte im Jahr 2016 von 44.631 Euro in Worms bis zu 52.383 Euro in Andernach – also mit rund 7.800 Euro schon eine deutliche Differenz. Der Landesdurchschnitt in Rheinland-Pfalz lag zeitgleich bei 49.214 Euro. Ein pauschaler Zusammenhang in dem Sinne, dass die Personalausgaben je Beschäftigten umso höher ausfallen, desto größer die Stadt ist, kann absolut nicht bestätigt werden. Dazu ist die Rangfolge zwischen großen und kleinen Städten viel zu durchmischt.

Warum ausgerechnet Andernach im Vergleich die Stadt der kommunalen Spitzenverdiener ist, konnte nicht geklärt werden. Denn auch Andernach hat dem BdSt keinerlei Auskünfte zu den Hintergründen seiner Personalpolitik gegeben. Auf Platz 2 folgt mit 52.137 Euro je Beschäftigten eher wenig überraschend die Landeshauptstadt Mainz. Warum wiederum Worms im Vergleich am günstigen abgeschnitten hat, konnte die Stadtverwaltung nicht erklären. Den zweitniedrigsten Durchschnittswert weist die Stadt Idar-Oberstein mit 44.911 Euro je Beschäftigten auf. Hierzu gab Idar-Oberstein als Begründung an, dass ein großer Teil der Stellen der Entgeltgruppe 6 oder niedriger zugeordnet ist – damit verdienen jene Beschäftigte grob zwischen 1.700 Euro und 3.000 Euro pro Monat.

BdSt-Fazit:

Auf Basis der vorliegenden Zahlen ist kein „wertender“ Vergleich der Personalentwicklung der untersuchten Städte möglich. Das würde eine tiefergehende Detailuntersuchung erfordern, die neben den teils extrem verzerrenden Effekten von Ausgliederungen, Fremdvergaben und Rekommunalisierungen auch das unterschiedliche Aufgabenspektrum der Städte mitberücksichtigt und in einem Zahlenvergleich statistisch „bereinigt“.

Was sich dagegen aber schon ergibt, ist, dass es keinen zwingenden proportionalen Zusammenhang zwischen der Entwicklung des Personalbestandes, der Personalausgaben und der durchschnittlichen Ausgaben je Beschäftigten gibt. Natürlich wird das bestehende Personal im Laufe der Zeit teurer und natürlich führt ein Stellenzuwachs zu mehr Ausgaben. Aber abhängig von der Art der Organisation der Aufgabenwahrnehmung und der Großzügigkeit der Stadt kann das Plus stark variieren. Sei es das extreme Personalwachstum in Bad Kreuznach, die vielen Stellenhöherbewertungen in Mainz oder die besonders hohen Personalausgaben je Beschäftigten in Andernach – in all solchen Fällen verbleibt stets die Frage: Wäre das nicht viel kostengünstiger gegangen?

Gleichfalls lässt sich anhand der Zahlen eine landesweite besorgniserregende Entwicklung beobachten. Denn obwohl die Finanzlage der meisten rheinland-pfälzischen Städte eher schlecht bis katastrophal zu nennen ist, steigt die kommunale Personalstärke seit Jahren kontinuierlich und die Personalausgaben somit noch stärker an. Das verschärft wiederum deren ohnehin angespannte Haushaltslage. Hauptgrund dafür sind nach Auskunft vieler Städte immer neue auferlegte Aufgaben aber auch gesetzliche Änderungen für bestehende Aufgaben. Selbstredend können und müssen die Kommunen bei ihrer Aufgabenwahrnehmung vorurteilsfrei Auslagerungen, Fremdvergaben, private Trägerschaften und Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit auf ihre Kosteneffizienz hin prüfen sowie zurückhaltend bei Stellenhöherbewertungen agieren. Aber zur Ehrlichkeit gehört ebenfalls dazu, dass das alleine nicht ausreichen wird. Ohne die strikte Anwendung des Konnexitätsprinzips durch Bund und Land fahren viele Kommunen in Rheinland-Pfalz auf kurz oder lang finanziell gegen die Wand. Wer Wohltaten bestellt, sollte dafür auch voll bezahlen.

HINWEIS: Die vollständigen Daten zum kommunalen Personalvergleich der 20 größten Städte in Rheinland-Pfalz finden Sie hier.

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