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SCHWARZBUCH 2014

Schwarzbuch 2015

Die öffentliche Verschwendung 2014

Schwarzbuch-Fälle aus Rheinland-Pfalz

In dem heute vorgestellten neuen Schwarzbuch dokumentiert der Bund der Steuerzahler über 100 Fälle, die für den verschwenderischen Umgang mit Steuergeld in Deutschland stehen. Schwerpunktthema in diesem Jahr sind kommunale Wirtschaftsflops. Doch ebenso finden sich in der 42. Ausgabe des Schwarzbuches Fälle von illegalen Beihilfen, unsinnigen Fehlplanungen, drohenden Verschwendungen und vieles mehr.

1. Thermalbad wird zum Millionengrab (Rubrik: Kommunale Wirtschaftsflops)

Die „Ahr-Thermen“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler schreiben tiefrote Zahlen und sind stark sanierungsbedürftig. Kein Wunder also, dass der Besitzer sie schnell loswerden wollte. Nachdem die Stadt erfolgreich unter Druck gesetzt worden war, kam es zum Verkauf. Jetzt müssen die Steuerzahler mit mindestens elf Millionen Euro herhalten.

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Das Erlebnis- und Freizeitbad „Ahr-Thermen“ in Bad Neuenahr-Ahrweiler (Landkreis Ahrweiler) wurde 1993 als „hoffnungsvolles Zeichen für die Region“ eröffnet. Von dem erwarteten Ansturm von täglich 1.000 Besuchern kam im Schnitt aber nur rund die Hälfte. Deswegen ist aus der Hoffnung längst ein finanzieller Alptraum geworden. Jahrelang wurde die Therme von einem Tochterunternehmen der Aktiengesellschaft Bad Neuenahr (AGBN) betrieben, an der die Stadt als Minderheitsaktionär beteiligt ist. Nur allzu gern wollte sich die AGBN von dem stark sanierungsbedürftigen Thermalbad trennen, das im Betriebsjahr 2012 auch noch ein dickes Minus von rund 800.000 Euro erzielte. Zwischen der Stadt und dem Unternehmen wurden Angebote ausgetauscht, ohne zu einem Ergebnis zu kommen.

Ende 2013 wechselte die AGBN zu einer rabiaten Verhandlungsstrategie: Sie schloss die „Ahr-Thermen“ und kündigte deren Abbau an, sollte sich nicht schnell ein Interessent finden. Der Bund der Steuerzahler warnte den Stadtrat davor, sich zu einem Kauf der Immobilie nötigen zu lassen. Doch der Appell stieß auf taube Ohren. Im Mai 2014 stimmte der Stadtrat für den Erwerb des Bades – es sei für den Tourismus zu bedeutend. Der Kaufpreis beträgt knapp drei Millionen Euro. Für den Betrieb wurde eine städtische Gesellschaft gegründet, die mit einem Stammkapital von 800.000 Euro ausgestattet ist. Zusätzlich werden noch 7,2 Millionen Euro für die Sanierung und Attraktivierung des Bades anfallen. So kommt eine stolze Summe von rund elf Millionen Euro zusammen, die auf Pump finanziert wird. Für Zins und Tilgung des angepeilten Kredits mit 25 Jahren Laufzeit werden geschätzte 715.000 Euro pro Jahr anfallen. Um das zu bezahlen, sollen ab 2015 die Abgaben kräftig steigen. Natürlich muss auch noch der defizitäre Schwimmbadbetrieb von der Stadt abgedeckt werden. Um wie viel Geld genau es hier geht, ist derzeit fraglich – die hohen Defizite des vorherigen Betreibers lassen jedenfalls Übles befürchten. Seit August 2014 sind die „Ahr-Thermen“ wieder geöffnet. So mancher mag davon wirtschaftlich profitieren, viele auch Spaß haben – allerdings klar auf Kosten der Steuerzahler.

[Aktuelles seit Redaktionsschluss: Nach Angaben der AGNB haben die Ahr-Thermen in 2013 ohne außerordentliche Abschreibung einen Verlust von ca. 900.000 Euro eingefahren – mit Abschreibungen sogar einen Verlust von rund drei Millionen Euro. Nach dem Verkauf der Thermenanlage befindet sich die AGBN wieder auf dem Weg der wirtschaftlichen Gesundung. Im Geschäftsbericht wird dazu erwähnt: „Mit dem Verkauf der Ahr-Thermen hat sich die AGBN von einem nicht zu beherrschenden Risiko und einem jahrelangen Verlustbringer gelöst.“ Nach Ansicht des BdSt bestätigt das nur, dass der Kauf der Ahr-Thermen durch die Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler eine gewaltige Fehlentscheidung zu Lasten der Steuerzahler war.]

2. Flughafen pleite – Millionen verbrannt (Rubrik: Brücken, Verkehr & Co.)

Hiobsbotschaft für den Flughafen Zweibrücken in der Pfalz. Die Europäische Kommission wertet rund 50 Millionen Euro an öffentlichem Geld als illegale Beihilfe. Damit wird das Land Rheinland-Pfalz voraussichtlich dazu gezwungen werden, dieses Steuergeld zurückzufordern. Der finanziell überforderte Flughafen hat daher schon seine Insolvenz angemeldet.

Zweibrücken. Jahrelang haben sich die nur 39 Kilometer voneinander entfernt liegenden Flughäfen Saarbrücken und Zweibrücken einen Wettbewerb auf Kosten der Steuerzahler geliefert. Die Idee einer kostensparenden Kooperation wurde zwischen der rheinland-pfälzischen und der saarländischen Regierung wiederholt diskutiert, ist aber stets ohne Ergebnis geblieben. Nun hat die Europäische Kommission eingegriffen und sich im Juli 2014 gegen Zweibrücken entschieden. Doch damit nicht genug: Wie vor der offiziellen Entscheidung bekannt wurde, soll die je zur Hälfte vom Land und von sechs Kommunen gemeinsam getragene Flughafen-Gesellschaft dazu verpflichtet werden, rund 50 Millionen Euro illegaler Beihilfen an das Land Rheinland-Pfalz zurückzuzahlen. Es handelt sich weitgehend um Investitionen und Zuschüsse, die in den vergangenen Jahren bewilligt wurden.

Die Flughafen Zweibrücken GmbH meldete noch im selben Monat Insolvenz an. Denn eine Rückzahlung in dieser Größenordnung kann sich der dauerdefizitäre und am Steuertropf hängende Regionalflughafen nicht leisten. Für die Steuerzahler bedeutet das wiederum, dass das in den Flughafen investierte öffentliche Geld in zweistelliger Millionenhöhe verschwendet ist. Allein die Sanierung der Landebahn hatte 2008/2009 rund 18 Millionen Euro verschlungen. Aus Sicht der Landesregierung ist natürlich die EU an diesem Fiasko Schuld. Tatsächlich war die Umwandlung des ehemaligen US-Militärflughafens von Anfang an ein höchst unwirtschaftliches Projekt, bei dem keine ausreichende Rücksicht auf Angebot und Nachfrage im zivilen Fluggeschäft genommen wurde. Denn für zwei so nahe beieinander liegende Flughäfen gab es schlicht zu wenig Geschäft – daran hätte selbst eine Kooperation nichts geändert. Der Bund der Steuerzahler meint: Bei allem Ärger bleibt immerhin ein Trost. Das Aus des Zweibrücker Flughafens bedeutet auch das Ende seiner millionenschweren Subventionen – und der Airport in Saarbrücken kann künftig wirtschaftlicher arbeiten.

[Aktuelles seit Redaktionsschluss: Am 1. Oktober hat es die EU Kommission offiziell gemacht – der Flughafen Zweibrücken hat 47 Mio. Euro an illegalen Beihilfen erhalten, die an das Land zurückzuzahlen sind. Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia bezeichnete die Förderung des Flughafens sogar als „Verschwendung von Steuergeld“. Damit zeigt sich, dass die Flughafenpolitik des Landes nicht nur höchst unwirtschaftlich sondern auch rechtswidrig war. Für die Weiternutzung des Airports als Verkehrslandesplatz oder als reiner Frachtflughafen in staatlicher Regie sieht der BdSt nur wenig Chancen. Einzig der Verkauf an einen privaten Investor könnte eine dauerhafte Lösung darstellen – wohl aber mit klarem Verlust für die Steuerzahler, wie beim Nürburgring. Mit dem angekündigten Umzug von Tuifly als größten Partner vom Flughafen Zweibrücken zum Flughafen Saarbrücken dürften sich aber die ohnehin geringen Verkaufschancen noch weiter verschlechtert haben.]

3. Unnötige Energieagentur kostet viel Steuergeld (Rubrik: Teure Imagepflege)

Rheinland-Pfalz leistet sich für rund sieben Millionen Euro pro Jahr eine landesweit aufgestellte Energieagentur. Wie nötig und effektiv die Leistungen dieser Agentur wirklich sind, bleibt jedoch fragwürdig.

Rheinland-Pfalz. Nach Meinung der Landesregierung geht die Energiewende in Rheinland-Pfalz nicht schnell genug voran. Deswegen wurde im Juli 2012 eine Energieagentur gegründet, die sich als GmbH zu 100 Prozent im Landesbesitz befindet. Mittlerweile arbeiten dort mehr als 60 Personen an zehn Standorten. Ihr Jahresbudget beläuft sich auf rund sieben Millionen Euro und wird weitgehend vom Land finanziert. Die Agentur hat den hohen Anspruch, die landesweite Plattform für alle Themen rund um die Energiewende in Rheinland-Pfalz zu werden. Ihre zentralen Aufgaben sind das Werben für die Energiewende, Vernetzen von Akteuren, Vermitteln von Dienstleistern, Aufzeigen von Fördergeld und Abhalten von Vorträgen. Tatsächlich leistet die Energieagentur viel – allerdings nur wenig, was andere nicht bereits auch tun.

Denn wer Ansprechpartner für Fragen zur Energie benötigt, muss nicht lange suchen. Dafür stehen die vielfältigen Angebote der Verbraucherzentrale, Kammern, Fachverbände und freiberuflichen Berater bereit. Selbst auf staatlicher Ebene gibt es längst eine Reihe etablierter Akteure. Die Agentur bestreitet das gar nicht, legt aber Wert darauf, dass sie – anders als die anderen – themenübergreifend alles im Blick habe. Das mag sogar stimmen, vielfältige Doppelstrukturen liegen damit dennoch vor. Da die Agentur außerdem niemandem Konkurrenz machen möchte, gelten kuriose Absprachen. Wer etwa als Verbraucher oder Häuslebauer zu ihr kommt, findet auf der Homepage gleich die Kontaktdaten der Verbraucherzentrale und wird selbst im Falle eines direkten Kontakts bevorzugt dorthin verwiesen. Kommunen erhalten wiederum bei ihren Projekten eine „niedrigschwellige kostenlose Beratung“, bei der es vornehmlich darum geht, aufzuzeigen, welche Maßnahmen sinnvoll wären und wo es Fördergeld gibt.

Für die praktische Durchführung wird anschließend der eigentliche Energieberater vermittelt, der diese Fragen gleichfalls hätte beantworten können. Im Grunde verbleibt nur eine große Aufgabe, die andere Akteure in Rheinland-Pfalz so nicht wahrnehmen: das massive Werben für die Energiewende. Eine neue Agentur auf Steuerzahlers Kosten kann das aber nicht rechtfertigen. So gut die Grundidee auch sein mag, kommt sie doch viel zu spät. Heutzutage wäre das Steuergeld in konkreten regenerativen Energieprojekten besser angelegt. Denn für solch investive Vorhaben hat die Landesregierung 2014 nur schlappe 3,7 Millionen Euro übrig. Ist es vielleicht deswegen so wenig, weil die Energieagentur zu viel kostet?

4. Land fördert unsinnige Schwerlast-Brücke (Rubrik: Verschwendung droht)

Wenn ausgabefreudige Kommunalpolitiker auf engstirnige Bürokraten treffen, kann es ganz schön teuer werden. Ein Beispiel dafür ist der geplante Neubau der Lohnbrücke in der pfälzischen Stadt Rodalben.

Rodalben. Die Lohnbrücke in Rodalben (Landkreis Südwestpfalz) wurde 1965 errichtet und verbindet zwei Stadtteile mit dem Ortskern. In ihren Erhalt wurde jedoch nur stiefmütterlich investiert. Aufgrund des maroden Zustands wurde die Brücke in den 1990er Jahren für den Schwerlastverkehr und 2010 für den gesamten motorisierten Verkehr gesperrt. Nur noch Fußgänger und Fahrradfahrer können sie nutzen. Seitdem träumen der Bürgermeister und die Stadtratsmehrheit von einer neuen Brücke, die die Stadtkasse möglichst wenig kosten soll. Doch der Landesbetrieb Mobilität machte in Vorgesprächen mit den Kommunalpolitikern deutlich, dass es für eine Sanierung oder für einen Abriss mit Neubau einer Fußgängerbrücke keinen Zuschuss vom Land Rheinland-Pfalz geben würde.

Eine Zuschussmöglichkeit bestehe lediglich beim Abriss der alten und anschließenden Errichtung einer neuen Brücke mit erhöhter Tragkraft. Gesagt, getan – die neue Lohnbrücke soll mit einer Traglast von bis zu 60 Tonnen doppelt so belastbar werden wie der Vorgänger. Kosten: 2,4 Millionen Euro. Davon sind 500.000 Euro für den Abriss und 1,9 Millionen Euro für den Neubau geplant. Das Land bezuschusst das Projekt mit 1,5 Millionen Euro. Klingt einfach, gäbe es nicht einen Haken – eine Brücke dieser Größenordnung hat nämlich keinen Sinn. Für den Pkw-Verkehr war die Brückensperrung kein Problem, weil die Anbindung der Ortsteile über eine parallel verlaufende Hauptstraße sowie nahe Umgehungsstraßen gewährleistet ist. Der Schwerlastverkehr kommt bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten ohne die Lohnbrücke zurecht, zumal die durch Rodalben verlaufende Landesstraße L 497 ohnehin die bessere Wahl ist. Für schwere Lkw ist es schwierig bis unmöglich, durch die engen, zugeparkten und teils verwinkelten Ortsstraßen zu kommen.

Aber die Verantwortlichen scheint das alles nicht zu interessieren. Der Bürgermeister hat in mehreren Interviews offen zugegeben, dass der Landeszuschuss für das Brückenprojekt ausschlaggebend war. Aus seiner Sicht kann er mit dem Ergebnis zufrieden sein – seit August 2014 laufen die Bauarbeiten, die größtenteils vom Land bezahlt werden. Auch das zuständige Landesministerium scheint damit zufrieden zu sein, dass seine Förderrichtlinien buchstabengetreu angewendet werden. Nur die Steuerzahler haben Grund zur Klage, weil einmal mehr ein kostspieliges Projekt verwirklicht wird, bei dem Zweckmäßigkeit und Bedarf nicht angemessen gewürdigt wurden. Der Bund der Steuerzahler meint: Noch ist es nicht zu spät für eine Planungsänderung. Ohne das Landesgeld wäre Rodalben finanziell gezwungen, sich nach dem Abriss für einen abgespeckten Neubau zu entscheiden. Es liegt damit beim Land Rheinland-Pfalz, ob hier Steuergeld verschwendet wird oder nicht.

5. Neuer Ärger um den Nürburgring (Rubrik: Nachlese)

Der wohl bekannteste Verschwendungsfall in Rheinland-Pfalz schlägt immer neue Wellen. Für 77 Millionen Euro wurde der Nürburgring verkauft. Doch die Europäische Kommission sitzt der Landesregierung im Nacken und droht, den Scherbenhaufen noch weiter zu vergrößern. Für Furore sorgte auch die Verurteilung des ehemaligen Finanzministers wegen Untreue.

Rheinland-Pfalz. Der Nürburgring ist im Schwarzbuch längst ein alter Bekannter – und doch ist die Geschichte zum millionenschweren Fiasko an der Eifel noch längst nicht zu Ende. Nach einem langen Bieterwettstreit wurde im März 2014 der Verkauf des Rings an die Capricorn-Unternehmensgruppe bekannt gegeben. Zum 1. Januar 2015 wird der Düsseldorfer Automobilzulieferer für 77 Millionen Euro alle Vermögenswerte und das operative Geschäft übernehmen. Gemessen am jüngsten Wertgutachten ist der vereinbarte Kaufpreis durchaus sachgerecht. Grund zum Jubeln gibt es jedoch nicht. Denn allein der überdimensionierte, aber weitgehend wertlose Freizeitpark hat rund 330 Millionen Euro an Steuergeld verschlungen.

Zudem könnte der Ring-Verkauf noch gekippt werden. Denn mehrere im Bieterverfahren unterlegene Unternehmen haben bei der EU-Kommission Beschwerde eingelegt, weil das Verkaufsverfahren ihrer Ansicht nach rechtlich nicht korrekt abgelaufen sei. Speziell die amerikanische Firma Nexovation, die eine renommierte Großkanzlei und sogar die US-Administration eingeschaltet hat, bereitet den Eurokraten offenbar großes Kopfzerbrechen. Mehrmals schon wurde die Entscheidung in dieser Angelegenheit vertagt. Nicht das einzige Problem für die Landesregierung: Seit 2012 läuft in Brüssel ein Prüfverfahren, das klären soll, ob illegale Subventionen in den Nürburgring geflossen sind. Wie im Mai 2014 öffentlich wurde, könnte die EU-Kommission einen Betrag von bis zu 486 Millionen Euro als illegal erklären.

Sollte die offizielle Entscheidung tatsächlich so ausfallen, müsste das Land das Geld von der begünstigten Nürburgring GmbH zurückfordern – doch das Unternehmen ist insolvent. Wie die Sache auch ausgehen mag: Der Nürburgring bleibt die größte Investitionsruine in Rheinland-Pfalz. Für die Steuerzahler ist der Schaden immens. Immerhin gibt es eine kleine Gerechtigkeit: Im April 2014 hat das Landgericht Koblenz den ehemaligen Finanzminister Ingolf Deubel im Nürburgring-Prozess für schuldig befunden. Deubel wurde wegen Untreue und uneidlicher Falschaussage zu einer Gefängnisstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Zwar muss der Bundesgerichtshof das Urteil noch bestätigen, dennoch ist es ein historischer Warnschuss, der in der Politik deutlichen Eindruck hinterlassen hat.

[Aktuelles seit Redaktionsschluss: Am 17. September 2014 wurde das Gutachten des Landesrechnungshofes zum Nürburgring vorgestellt. Im Fokus steht das sog. „Zukunftskonzept Nürburgring“ aus 2010, mit dem das Land die Ringpleite abwenden wollte. Die Rechnungsprüfer stellen der damaligen Landesregierung Beck ein vernichtendes Zeugnis aus, u.a. seien Pachten und Besucherzahlen falsch kalkuliert, EU-rechtliche Auflagen ungenügend beachtet, der ISB-Kredit von 330 Millionen Euro zu risikoreich und der Finanzbedarf des Rings weit höher als offiziell geplant gewesen. Das „Zukunftskonzept“ sei daher zum Scheitern verurteilt gewesen. Aus BdSt-Sicht kommt der Eindruck auf, als wäre die Öffentlichkeit bewusst getäuscht worden, um die Wahl in 2011 besser bestehen zu können. Nun wertet die Staatsanwaltschaft den Prüfbericht auf seine strafrechtliche Relevanz aus. Der BdSt begrüßt diesen Schritt.

Ferner hat die EU Kommission am 1. Oktober ihre Entscheidung zum Nürburgring offiziell gemacht – der Ring hat vom Land über 400 Mio. Euro an illegalen Beihilfen erhalten. Dagegen wurde das Verkaufsverfahren als offen, transparent und diskriminierungsfrei bestätigt. Den unterlegenen Bieter steht jedoch noch der Klageweg offen. Zudem müsse Capricorn als Ringkäufer nicht für die Rückzahlung der illegalen Beihilfen haftbar gemacht werden. Der konkrete Schaden für die Steuerzahler ist immens, aber wegen mehrerer Unwägbarkeiten, z.B. Landesanteil aus dem Verkaufserlös, immer noch nicht konkret bezifferbar. Der BdSt sieht sich in seiner vergangenen Kritik vollauf bestätigt. Die politische und juristische Aufarbeitung des Nürburgring-Desasters ist noch längst nicht am Ende. Jetzt tut ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss dringend Not.]

6. Warum wird ein benötigtes Abschiebegefängnis verkleinert? (Rubrik: Nachlese)

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs ist das Unterbringen von Abschiebehäftlingen in regulären Gefängnissen rechtswidrig. Ein Urteil mit teuren Folgen für viele Bundesländer. Für Rheinland-Pfalz eine Chance – schließlich besitzt das Land in Ingelheim ein völlig überdimensioniertes Abschiebegefängnis. Diese Kapazität hätte ausgeschöpft werden können, doch das Land baut das Gefängnis zurück.

Rheinland-Pfalz. Bereits vergangenes Jahr hat es das rheinland-pfälzische Abschiebegefängnis Ingelheim ins Schwarzbuch geschafft. Damals drohte eine Verschwendung von Steuergeld, weil das überdimensionierte Gefängnis für rund vier Millionen Euro umgebaut und aufgewertet werden sollte, obwohl die rot-grüne Landesregierung über den Bundesrat die Abschiebehaft abschaffen wollte. Wäre die Bundestagswahl 2013 anders ausgegangen, hätte dieses Ansinnen Erfolg haben können. Mit den gegebenen politischen Verhältnissen ist es aber chancenlos. Damit hätte in Ingelheim alles gut sein können. Allerdings änderte sich im Juli 2014 die Rechtslage. Der Europäische Gerichtshof urteilte, dass die Unterbringung von Abschiebehäftlingen in regulären Gefängnissen rechtswidrig sei.

Dieses Urteil zwingt viele Bundesländer nun dazu, entweder spezielle Abschiebegefängnisse einzurichten oder länderübergreifende Kooperationen zu suchen. Da Rheinland-Pfalz über eine geeignete und für eigene Bedürfnisse völlig überdimensionierte Anlage verfügt, liegen Kooperationen auf der Hand. Auf diese Weise könnte das Land seine Umbaukosten senken und zusätzliche Einnahmen mit der Aufnahme von Häftlingen aus anderen Bundesländern erzielen. Die Partnerländer wiederum könnten sich das Einrichten neuer Abschiebegefängnisse sparen. Um das zu ermöglichen, hätte nur der geplante Abbau der Haftplätze von 152 auf rund 40 gestoppt oder reduziert werden müssen. Doch für die Landesregierung ist das kein Thema. Ende Juli erklärte sie, dass die Zahl der Haftplätze bereits auf 70 reduziert sei. Außerdem sei der weitere Abbau wichtig, da Platz für die Verwaltung der nahe gelegenen und zu vergrößernden Aufnahmestelle für Flüchtlinge benötigt werde. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Laut BdSt-Anfrage erklärt sich ein Großteil der reduzierten Haftplätze damit, dass für zwei Personen ausgelegte Räume nur noch von einer Person genutzt werden. Dadurch fallen 51 Haftplätze weg, was sich aber leicht rückgängig machen ließe. Weitere 47 Plätze entfallen, weil Hafträume zu Funktionsräumen umgebaut werden, z. B. zu Gebets-, Aufenthalts- und PC-Räumen. Insgesamt würde das Gefängnis dann 24 neue Funktionsräume besitzen, obwohl es im Schnitt von nur zehn Häftlingen gleichzeitig belegt wird – ein bemerkenswertes Missverhältnis. Da verwundert es nicht, dass das zuständige Ministerium es ablehnt, eine konkrete Aufstellung aller im Gefängnis bestehenden und geplanten Funktionsräume herauszugeben. Der Bund der Steuerzahler fragt: Wie kann es sein, dass ausgerechnet eines der wenigen rechtskonformen Abschiebegefängnisse in Deutschland verkleinert wurde? Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Landesregierung unbedingt verhindern wollte, dass ausgerechnet ihr Gefängnis zur bundesweiten Sammelstation wird. Dabei könnte politischer Pragmatismus helfen, in mehreren Bundesländern zugleich Millionen Euro einzusparen.

7. Fünf-Millionen-Kredit ohne Prüfung vergeben (Rubrik: Nachlese)

Der Bund der Steuerzahler in Rheinland-Pfalz hat im Fall eines leichtfertig vergebenen und mittlerweile abgeschriebenen Millionenkredits mit einer Auskunftsklage für Transparenz gesorgt. Es geht um den Flughafen Hahn und die Frachtfluggesellschaft Air Cargo Germany.

Rheinland-Pfalz. Im Schwarzbuch 2013 berichtete der Bund der Steuerzahler über Kredite von je fünf Millionen Euro, die jeweils vom Flughafen Hahn und der Investitions- und Infrastrukturbank Rheinland-Pfalz (ISB) zugunsten der inzwischen insolventen Frachtfluggesellschaft Air Cargo Germany (ACG) vergeben wurden. Damals waren die Details zu den Kreditvergaben noch ungeklärt. Während sich die ISB hinter dem Bankgeheimnis verschanzen konnte, hatte der Bund der Steuerzahler gegen den im Länderbesitz befindlichen Flughafen eine Auskunftsklage eingereicht. Daraufhin gab die Hahn-Geschäftsführung nach und beantwortete alle Fragen zum Kredit. Es stellte sich heraus, dass der Flughafen vor dem Umwandeln offener Forderungen in ein Darlehen keine eigene Bonitätsprüfung durchgeführt hatte. Auch gab es keine Sicherheiten und Bürgschaften.

Dabei war die dauerdefizitäre und überschuldete Frachtfluggesellschaft weit davon entfernt, als kreditwürdig zu gelten. Im Oktober 2012 wurde der Kredit dennoch bewilligt – nur ein halbes Jahr später war die ACG pleite. Der Flughafen Hahn stuft die Chancen als gering ein, sein Geld jemals zurückzubekommen. In der Bilanz wurde der Kredit bereits abgeschrieben. Für den BdSt ergab sich daher in der Gesamtschau der Verdacht der Untreue. Eine Anzeige gegen die damalige Hahn-Geschäftsführung verlief jedoch Ende 2013 im Sande, weil die Staatsanwaltschaft u. a. trotz der vorhandenen Pflichtversäumnisse keinen Vermögensnachteil sah. Schließlich habe der Flughafen auf keinen Teil seiner Forderungen verzichtet. Besser sieht es bei der ISB aus. Wie sich im Nachhinein herausstellte, hatte sich die Bank von der Frachtfluggesellschaft eine werthaltige Sicherheit in Form einer sogenannten Globalzession geben lassen – und hat daher ihren Kredit samt Zinsen zurückerhalten. So viel zum verkannten Wert einer Kreditsicherheit.