17.02.2017

Teure Übernahme des Krankenhauses Ingelheim

Erst Renovierung, dann Neubau?

Das Krankenhaus in Ingelheim wird voraussichtlich in diesem Jahr von der Universitätsmedizin Mainz übernommen. Doch das Krankenhaus schreibt rote Zahlen und befindet sich baulich in einem sehr schlechten Zustand. Es droht eine Sanierung in Millionenhöhe, der in einigen Jahren ein Neubau folgen könnte. Ist das wirklich sinnvoll?

Das Krankenhaus Ingelheim befindet sich seit dem Jahr 1989 in Erbpacht des Hessischen Diakonievereins (HDV), Eigentümerin ist aber die Stadt Ingelheim. Doch das Krankenhaus-Geschäft läuft nicht gut. Laut Presseinformationen schreibt das Diakoniekrankenhaus schon seit Jahren rote Zahlen. Das ist wohl auch der Grund, warum der HDV aus dem Pachtvertrag aussteigen will. Der Betrieb durch den HDV soll nur noch bis Mitte 2017 aufrechterhalten werden. Doch was passiert dann mit dem Krankenhaus und den rund 180 Beschäftigten?

Eine dauerhafte Schließung kommt für die Stadt Ingelheim jedenfalls nicht in Frage, obgleich im nahen Mainz weit größere Kapazitäten vorgehalten werden und die Patientenversorgung daher nicht gefährdet wäre. Doch auch eine temporäre Schließung wird abgelehnt, weil eine Wiedereröffnung nach einer Schließung organisatorisch mit großen Schwierigkeiten verbunden wäre. Es bedürfte z.B. einer neuen Betriebsgenehmigung, Zuschüsse müssten wieder beantragt und das Personal neu bzw. zurückgewonnen werden. Unter dem Strich würden also zusätzliche Kosten entstehen.

Betreiberwechsel als Lösung

Das Problem ließe sich lösen, wenn ein nahtloser Betreiberwechsel organisiert werden könnte. Und siehe da – die Universitätsmedizin Mainz, dessen Träger das Land Rheinland-Pfalz ist, will das Krankenhaus Ingelheim übernehmen. Schon jetzt arbeiten die Krankenhäuser im Bereich der invasiven Kardiologie zusammen. Die Universitätsmedizin erhofft sich durch die Übernahme weitere Synergieeffekte finanzieller und strategischer Art. Dabei sollen schwierige und lukrative Fälle künftig in Mainz behandelt, Standardleistungen in Ingelheim angeboten werden.

Die Übernahmeverhandlungen zwischen Mainz und Ingelheim wurden mittlerweile erfolgreich abgeschlossen. Ende Januar 2017 gab auch das Bundeskartellamt seinen Segen dazu und macht die Übernahme nicht von Auflagen abhängig. Wann genau der Betreiberwechsel vollzogen werden soll, wurde jedoch noch nicht öffentlich gemacht. Wegen dem HDV muss es aber in einigen Monaten passieren.

Sanierung und/oder Neubau?

Allerdings sind rote Zahlen im Betrieb nicht das einzige Problem, dem sich die Mainzer Universitätsmedizin in Ingelheim stellen muss. Denn das Krankenhaus befindet sich baulich in einem sehr schlechten Zustand. Es steht daher eine umfassende Sanierung an. Als Erbpachtgeberin wird die Stadt Ingelheim voraussichtlich rund sechs Mio. Euro für die Sanierung diverser Bereiche der versorgungstechnischen Infrastruktur investieren müssen. Weitere 2,5 Mio. Euro müssen für etwaige Verluste durch Mindereinnahmen während der Sanierung aufgewendet werden. Der Landesbetrieb Liegenschafts- und Baubetreuung schätzt den Sanierungsbedarf sogar auf eine zweistellige Millionenhöhe. Laut dem Wissenschaftsministerium sollen in den nächsten fünf bis zehn Jahren rund 28 Mio. Euro in das Krankenhaus Ingelheim investiert werden. Trotz der Sanierung besteht jedoch die ernsthafte Überlegung, ein neues Krankenhaus in Ingelheim zu bauen. Die Kosten sollen sich zwischen 30 bis 35 Mio. Euro belaufen. Der Neubau soll etwa 130 Planbetten beherbergen und an einem neuen, besser gelegenen Standort entstehen.

 BdSt-Fazit:

Ist die Übernahme des Krankenhauses in Ingelheim durch die Universitätsmedizin Mainz wirklich ein wirtschaftlicher Akt oder eher ein verzweifelter Versuch, ein heruntergekommenes Krankenhaus um jeden Preis zu retten? Warum sollen in naher Zukunft Millionenbeträge in die Sanierung des bestehenden Krankenhauses investiert werden, wenn doch in drei bis vier Jahren ein neues Gebäude entstehen könnte? Und wieso befindet sich das Krankenhaus überhaupt in solch einem schlechten Zustand? Ist der HDV neben der laufenden Unterhaltung auch den notwendigen Instandhaltungs- und Erneuerungsaufwand des Gebäudes nachgekommen? Oder hat die Stadt Ingelheim versäumt, den Zustand des Gebäudes regelmäßig zu prüfen? Wer ist für die heutigen Missstände verantwortlich?  Bei so vielen offenen Fragen hat der Steuerzahlerbund bei den zuständigen Stellen nachgehakt. Antworten gab es bis Redaktionsschluss jedoch keine. Wir bleiben am Ball!

Foto: Pixabay/DarkoStojanovic

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